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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1850 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
Nutzungen: | 1917-1989 Poststelle |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohnhaus mit Gewerbelokal |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Spätklassizismus |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme 2017 |
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Dokumentation |
Würdigung: | Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandener ehemaliger bäuerlicher Vielzweckbau, der sein heutiges Aussehen im Lauf einer interessanten Bau- und Nutzungsgeschichte erhielt. Der ursprüngliche Wohnteil diente von 1917 und 1989 gleichzeitig als Postlokal; 1927 wurde ein Teil der Ökonomie durch einen zweiten Wohnteil samt Backstube und Verkaufslokal ersetzt. Das Haus bewahrt aussen wie innen noch wesentliche Teile seiner historischen Substanz aus beiden wesentlichen Bauphasen. Eine Rarität bildet der seit jeher in die private Stube integrierte ehemalige Postschalter. Als Pendant zum schräg gegenüber gelegenen Haus Wohlerstrasse 1 (Bauinventarobjekt FIG908) kommt dem Gebäude ein erheblicher Situationswert am alten Dorfeingang von Göslikon zu. Der erhalten gebliebene Teil der Scheune gehört nicht zum Schutzumfang. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Gebäude dürfte nach seinen spätklassizistisch-biedermeierlichen Bauformen um die Mitte des 19. Jh. entstanden sein. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1899 wird die Liegenschaft als „Wohnhaus und Scheune“ aus „Stein und Rieg“ mit Ziegeldach beschrieben. Sie befand sich im Eigentum der Erbschaft von Walther Seiler, Lehrer, und diente unter anderem als Bäckerei [1]. Ab 1917 diente das Haus, nun im Eigentum von Beda Seiler, als Postlokal, wobei man den Schalter im Wohnzimmer einrichtete [2]. Ein zweiter Wohnteil samt neuem Bäckereilokal, welcher einen Teil des vorherigen Ökonomietrakts ersetzte, entstand gemäss Brandkataster im Jahr 1927. Als Beda Seiler von 1917 bis 1962 und seine Enkelin Ida Staubli-Seiler von 1963 an als Posthalter dienten, war das Haus ein Mittelpunkt im dörflichen Leben von Fischbach-Göslikon. Erst 1989 wurde die mittlerweile zum Kuriosum gewordene Poststelle im Wohnzimmer mit dem Bezug einer neu erbauten Poststelle aufgehoben. |
Beschreibung: | Der ehemalige bäuerliche Vielzweckbau, der mit seinem heutigen Aussehen die sukzessive Entstehung im Lauf einer interessanten Baugeschichte dokumentiert, ist traufständig an die nur locker bebaute Nordostseite der Mellingerstrasse gestellt. Schräg gegenüber dem Haus Wohlerstrasse 1 (Bauinventarobjekt FIG908) markiert er zusammen mit diesem den Eingang des alten Dorfkerns von Göslikon. Der langgestreckte Baukörper, der von einem durchgehenden geraden Satteldach abgeschlossen wird, bestand ursprünglich als bäuerlicher Vielzweckbau mit der Nutzungsabfolge Wohnteil-Tenn-Stall (Mittertennhaus). Der verputzte, wohl mehrheitlich gemauerte alte ursprüngliche Wohnteil ist nach Südosten gerichtet und in zeittypisch nüchternen spätklassizistisch-biedermeierlichen Formen gehalten. Er wird von drei mal drei Achsen von Einzelfenstern mit gefalzten Steingewänden und Blockbänken regelmässig gegliedert. Der Hauseingang, der später auch als Eingang zum Postlokal diente, liegt in der ursprünglich dem Tenn benachbarten Fensterachse. Er wird frontal von einer alten Muschelkalktreppe erschlossen und besitzt noch ein Türblatt aus dem frühen 20. Jh. mit schmiedeeiserner Vergitterung und gliedernden Kannelüren. An der Stelle des ursprünglichen Tenns schliesst der zweite, fünfachsig gegliederte Wohnteil von 1927 an. Dieser enthält im Erdgeschoss das Bäckereilokal mit mittiger, von einer kurzen Muschelkalktreppe erschlossenen Eingangstür und zwei schlanken, flankierenden Schaufenstern. Seitlich schliesst ein weiterer Eingang an, welcher ebenfalls das alte Türblatt bewahrt und die Wohnräume dieses Hausteils erschliesst. Vom ehemaligen Ökonomietrakt, vor dem das Dach entsprechend der früheren Anlage zu einem Vorschermen herabgezogen ist, hat sich lediglich ein kurzer schopfartiger Gebäudetrakt erhalten, der stirnseitig zudem verändert ist (Reste des ehem. Ökonomieteils nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Das Innere beider Hausteile bewahrt Ausstattung aus den wichtigen Bauphasen des Hauses. Der ursprüngliche Wohnteil ist nach einem gebräuchlichen Schema durch einen Quergang mit Treppenhaus erschlossen, an den sich im Vorderhaus die Stube, im Hinterhaus die Küche sowie eine Kammer lagern. In einzigartiger Weise ist die Wand zwischen Stube und Hinterkammer als Postschalter gestaltet, wobei sich die Kunden im eigentlichen Wohnzimmer aufhielten, der Posthalter in der zum Büro umfunktionierten Kammer. Der Quergang zeigt einen gelblichen Zementplattenboden aus dem früheren 20. Jh. Vom ehemaligen Postlokal sind die Schalterwand wie auch das einfache Täfer des Büros erhalten. In der Stube steht ein karamelfarbener Kachelofen aus dem mittleren 20. Jh. Von der bauzeitlichen Ausstattung zeugen verschiedene Türen mit Beschlägen aus dem mittleren 19. Jh. sowie zwei Zimmer im Obergeschoss mit einfachem, aber gepflegtem Knie- resp. Volltäfer. Das Erdgeschoss bewahrt Fenster aus dem früheren 20. Jh., das Obergeschoss solche aus dem 19. Jh. mit Basculeverschlüssen. Der ehemalige Bäckereiladen ist mit fast raumhohem Krallentäfer ausgestattet. Erhalten sind auch der Brotbackofen sowie die Durchreiche von der Backstube zum Verkaufsraum. Unter dem ursprünglichen Wohnteil erstrecken sich quer zum First zwei Gewölbekeller. Im Dachgeschoss hat sich eine Räucherkammern erhalten. Das gerade Sparrendach ruht auf einem liegenden Stuhl. Vor der Strassenfront des Hauses steht noch eine von früher zwei schönen, strassenraumprägenden Rosskastanien. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0087, Brandkataster Gemeinde Fischbach (Fischbach-Göslikon), 1899-1938. [2] Zur Geschichte des Postlokals Studer et al. 1991, S. 78. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Literatur: | - [Franz Studer et al.], Gemeinde Fischbach-Göslikon. Dorfchronik 1048-1991, [Fischbach-Göslikon 1991], S. 78-82. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0087, Brandkataster Gemeinde Fischbach (Fischbach-Göslikon), 1899-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131870 |
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