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DSI-OTH005 Blumenrain 2/4, 1547-1548 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
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Chronologie |
| Entstehungszeitraum: | 1547 - 1548 |
| Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
| Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
| Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
| Epoche / Baustil (Stufe 3): | Spätgotik |
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Dokumentation |
| Inschriften: | Auf der gekalkten Aussenwand in dieser Nebenstube hat sich die Inschrift eines Eigentümers erhalten. Zu lesen ist dort "Emil Lüscher Schreiner angeschlagen den 12. April 1913" und auf dem danebenliegenden Feld "geboren den 21. Juni 1882". |
| Bau- und Nutzungsgeschichte: | Als Vielzweckbauernhaus mit Hochstudkonstruktion im Jahre 1547/48d errichtet, besass das Haus einen westseitigen Wohnteil mit steinernem Stock, mittig eine Tenne und östlich einen Stall unter tiefem Walmdach aus Stroh. Erkenntnisse der Bauuntersuchung und die Dendrodatierung zeigen, dass der First östlich des zweiten Hochstuds nach 1720/21d verlängert wurde. Der östliche Teil vom Dach des Hochstudhauses wurde durch ein Satteldach ersetzt und verlängert. Dabei wurde das Haus zunächst um die Breite des bisherigen Stalls um einen Wohnteil verlängert. Datierung der Hölzer und bautechnische Details, wie die mit Astwerk gewobenen und lehmverkleideten Wandfüllungen sprechen dafür, dass auch zu diesem Zeitpunkt eine Wohneinheit in das zweite Obergeschoss eingebaut wurde. Ob der ursprüngliche Stallteil auch bereits zu diesem Zeitpunkt zur Wohnnutzung umgebaut wurde, ist unklar. Spätestens in diese Zeit fällt auch die Erstellung eines zweiten Stocks. Raum 0.36 besitzt nach Osten eine hangabstützende Mauer, ebenso Raum 0.1. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, dendrodatiert auf 1809/10d, folgte die erneute Verlängerung des Satteldachs nach Osten und der Einbau weiterer Wohnräume. Die ältesten verfügbaren Lagerbücher der Brandassekuranz ab 1850 dokumentieren die Vierteilung des Hauses bereits vor dieser Zeit. Der erste Eintrag beschreibt das Haus als "Wohnhaus mit 2 gewölbten Kellern & Oekonomie. Stein & Holz unter Strohdach; 78 ½` lang, 38 ½` breit, 15` hoch". Die Nutzungseinheiten sind unterschiedlich hoch taxiert, zwischen Fr. 300 und Fr. 750. Die Namen sind teils mit Berufsbezeichnungen ersehen, darunter auch Weber / Weberin. Die Familien Lüscher und Urech sind jeweils bereits ab ieser Zeit in je einem Hausteil vertreten, ihre Nachfahren bis ins 21. Jahrhundert. A 1876 sind die Keller klar den Parteien C und D zugeordnet. Verhältnismässig spät, erst 1913 erfolgt die Umdeckung von Stroh auf Ziegel. In den 1920er Jahren erfolgten wohl mehrere Umbauten, aufgrund derer der Versicherungswert angehoben wurde. 1928 kommt es zur Zusammenlegung der gesamten Liegenschaft unter dem Eigentümer Joh. Emil Lüscher. Von Beruf Schreiner, zeichnete er 1913 im Haus seine Signatur an eine Innenwand. Im 20. Jh. wurde das Haus weiterhin zu Wohnzwecken von mehreren Parteien genutzt. Seit etwa 10 Jahren steht das Haus ungenutzt leer und wurde teilweise durch Verbretterungen vor unrechtmässigem Betreten geschützt. Bautypologisch ist der Kernbau ein Vielzweckbauernhaus, das als Mittertennhaus organisiert war. |
| Beschreibung: | Die West-Ost-orientierte spätgotische Hochstudkonstruktion wurde mehrfach umgebaut und erweitert. Die Holzkonstruktion ist mit zwei steinernen Stöcken kombiniert. Das Haus präsentiert sich in seiner Lage quer zum Hang heute als langgezogener Bau auf drei Terrainstufen. Der westliche Wohnteil besitzt das typische, lang heruntergezogene Walmdach, das die Hochstudkonstruktion erahnen lässt und ehemals strohgedeckt war. Nach Osten ist das Dach leicht abgesetzt, die zwei Geschosse von Tenne, ehemaligem Stall und Erweiterungsteil des frühen 19. Jh. liegen unter Satteldach, das bis 1913 auch strohgedeckt gewesen sein muss. Mit den Umbauten ist zwar die Tenne in ihrer Funktion erhalten geblieben, der Stallteil wurde jedoch zu Wohnzwecken umgenutzt und nach Osten wurde unter verlängertem First ein weiterer Hausteil mit Wohnnutzung angebaut. Das Haus ist reich befenstert. Lage, Anordnung und Profilierung der Laibungen repräsentieren die jeweilige Bauphase und kennzeichnen die Lage der dahinterliegenden Räume. Ursprünglich bestand der Stock sicher aus zwei Geschossen und zwei übereinander angeordneten Räumen. Der obere Raum zeichnet sich an der Westfassade durch sein gestaffeltes Fenster mit Fensterstock mit spätgotischen Profilen. Die Haustüren sind jeweils gestemmte Holztüren mit geschlossenem Unterteil und Verglasung im oberen Teil. Die Türen dürften aus verschiedenen Entstehungszeiten ab dem 19. Jh. stammen. Im Inneren sind wesentliche Konstruktionsteile der spätgotischen Hochstudkonstruktion sichtbar und die Raumstrukturen bilden die verschiedenen Ausbauphasen ab. Der spätgotische Kernbau von 1547/1548d befindet sich im Westen. Der Westfassade des Holzbaus ist der steinerne Stock angeschlossen. Diese gemauerte Raumschicht besteht im untersten Geschoss aus zwei Zimmern mit Täfer, das aus dem 18. Jh. stammen könnte und dazwischenliegendem Eingangsbereich mit eigenem Eingang an der Westfassade. Oberhalb dieser Raumschicht, auf gewachsenem Boden, beginnt der relativ kleine Kernbau mit zwei ca. 10 m hohen Hochstüden, die in einen Schwellenkranz eingezapft sind. Die Abmessungen der Mauer zwischen Tenne und Wohnteilen erlauben die Annahme, dass die Firstständer erhalten sind und ins Mauerwerk integriert wurden. Damit ist der Kernbau fast vollständig erhalten. Ständer- und Balkengerüst sind rauchgeschwärzt. Die Firstständer und Spannbalken sind aus Eichenholz, Wandpfetten und -Ständer des Rähms aus Fichtenholz. Einige Konstruktionshölzer sind "naturkrumm" verbaut, ein für das 16. Jh. charakteristisches bautechnisches Merkmal. Ein aussergewöhnliches Detail der Konstruktion bilden die Fusshölzer, welche die Firstständer mit dem Mittellängsrähm und dem Bundbalken verbinden. Die Ausstattung im Wohngeschoss ist grösstenteils aus den Räumen entfernt. Es fehlen Ofen, Herd und Teile der Täferausstattung. Der Zustand legt Teile der Konstruktion frei, die teilweise aus Bohlenwänden mit mächtigen Formaten bestehen, teilweise aus Fachwerk. Bei jüngeren Umbauten sind Wände mit Backstein ergänzt bzw. ersetzt worden. Die nördliche Wand des Kernbaus fehlt und wurde durch eine raumvergrössernde, nach Norden versetzte Backsteinwand ersetzt. 1913 erfolgte die Umdeckung von Stroh auf Ziegel und etwas später die Zusammenlegung der Hausteile. Aufgrund der Baugeschichte, des Erhaltungszustands der restlichen Konstruktion und weiterer Bauforschungsergebnisse ist davon auszugehen, dass die Hochstüde nicht gekappt und unterfangen wurden, sondern im Bestand erhalten sind. In der nördlichen Hälfte der Tenne ist auf Höhe des ersten Geschosses ein Boden eingebaut. Der ehemalige Stallbereich wurde zu Wohnzwecken umgenutzt, vermutlich gleichzeitig mit der Verlängerung des Kernbaus nach Osten und der Erstellung des Gewölbekellers, der unterhalb dieser Wohnung, quer zum Bau liegt und über einen aussenliegenden Kellerabgang erschlossen ist. Diese Erweiterung nach Osten ging mit einer Verlängerung des Daches einher (Wechsel von Hochstudkonstruktion auf stehenden Dachstuhl, 1720/21d). Der Grundriss des Wohnteils im ehemaligen Stall ist nicht gleichmässig, sondern ab dem Obergeschoss mit dem Erweiterungsteil des frühen 19. Jh. verwoben. Im Erdgeschoss liegen drei Räume, die sich mit massivem Mauerwerk gestaffelt an den nach Osten ansteigenden Hang anlehnen. Von der Küche führt eine Treppe in das Obergeschoss mit zwei Räumen. Vom Obergaden aus führt eine wohl ebenfalls 1721 erbaute, rauchgeschwärzte Blocktreppe ins Dachgeschoss mit zwei Kammern. Die bauzeitlichen Türen sind erhalten. Der östliche Anbau wurde als Bohlenständerbau im frühen 19. Jh. erbaut. Das Erdgeschoss befindet sich auf gewachsenem Boden in Höhe des 1. Obergeschosses der mittleren Wohnung. Die Ostwand des Erdgeschosses ist gemauert. Raumtrennungen sind teils aus Backstein erstellt, teils aus Brettern. Die Ausstattung ist mehrheitlich aus dem frühen 20. Jh. Der Dachraum dieses Bauabschnitts ist über die mittlere Wohnung erschlossen. Die Dendrodatierung belegt, dass die Verlängerung des Baus frühestens 1809/10 erbaut wurde. Der Bohlenständerbau schliesst an den stehenden Dachstuhl von 1720/21 als Sparrenkonstruktion ohne First an. |
| Literatur: | - Josef Bossert-Lott, Aus meiner Heimat. Erzählungen. Lenzburg 1970. - Peter Felder, Das Strohdachhaus, Bern 1961 (Schweizer Heimatbücher, Aargauische Reihe, 6. Band) - Kantonsarchäologie Aargau, Bericht zur Bauuntersuchung von Cecilie Gut 2015. - Jakob Hunziker, Das Schweizerhaus, nach seinen landschaftlichen Formen und seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt, Band 5: Das dreisässige Haus, Aarau 1908. - Cecilie Gut, Hochstudbauten im Aargau. Typologische Entwicklung vom 16. bis 19. Jahrhundert, in: Akten des Kolloquiums "Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen", Bern 2018. - Ulrich Pfister: "Protoindustrialisierung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.08.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013823/2013-08-20/, konsultiert am 08.06.2022. - Willy Pfister, Rupperswil, vom alten zum neuen Dorf seit 1800 (Ortsgeschichte Band III), Rupperswil 1968, S. 264. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Band 2: Fricktal und Berner Aargau, Basel 2002, S. 214–215, 250–252. - Pius Räber, Der "Stock" – ein seltsam gemauertes Geviert im Strohdachhaus, Online: Der "Stock" – ein seltsam gemauertes Geviert im Strohdachhaus - Kanton Aargau (ag.ch), konsultiert am 8.6.2022. |
| Quellen: | Lagerbücher der Brandassekuranzen, StAAG CA.001/0431-434 |
| Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
| URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121067 |
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