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Häusliche Gewalt

Häusliche Gewalt

Hier erhalten Sie Informationen zu häuslicher Gewalt und zur rechtlichen Situation in der Schweiz und im Kanton Aargau.

Was ist häusliche Gewalt?

Häusliche Gewalt liegt vor, wenn Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten ehelichen, partnerschaftlichen oder familiären Beziehung physische, psychische oder sexuelle Gewalt ausüben oder androhen.

Wer ist von häuslicher Gewalt betroffen?

Häusliche Gewalt wird oft auf Gewalt in Paarbeziehungen reduziert. Der Begriff umfasst jedoch auch folgende Beziehungen:

  • Geschwister
  • Eltern-Kind-Beziehung (auch Gross-, Stief-, Pflege- und Adoptiveltern)
  • Andere Familienbeziehungen

Häusliche Gewalt wird nicht selten gegenseitig ausgeübt. Die Gewalt ist nicht auf die eigene Wohnung beschränkt, sondern kann auch im öffentlichen Raum vorkommen (an der Bushaltestelle, im Auto, ...).

Einige Beispiele: Getrennt lebender Ehemann wird am Arbeitsplatz von seiner Ex-Frau belästigt; Mutter misshandelt ihre zweijährige Tochter; Jugendlicher bedroht und schlägt seine ältere Schwester; Familie und Angehörige zwingen eine junge Frau mit Todesdrohungen, sich von ihrem Freund zu trennen.

Häusliche Gewalt betrifft alle sozialen Schichten, unabhängig von Bildung, Einkommen, gesellschaftlichem Status, Religion, Kultur oder Herkunft. Es zeigt sich allerdings die Tendenz, dass häusliche Gewalt bei sozial schlechter gestellten Personen leicht häufiger vorkommt.

Wie sind Kinder von Gewalt zwischen ihren Eltern betroffen?

Kinder erfahren häusliche Gewalt entweder als direkt Betroffene, oder indirekt als Zeugen oder Zeuginnen. Letztere werden oft nicht als Betroffene wahrgenommen. Untersuchungen belegen, dass bereits Säuglinge körperliche Anomalien entwickeln, wenn die Beziehung der Eltern von Gewalt geprägt ist.

Gewalt zwischen den Eltern geht häufig damit einher, dass auch die Kinder misshandelt, missbraucht oder vernachlässigt werden.

Wie äussert sich häusliche Gewalt?

Von Gewalt geprägte Beziehungen unterliegen oft einer Eigendynamik, die für Aussenstehende schwer zu verstehen ist. Folgende Faktoren sind charakteristisch:

  • Häusliche Gewalt wiederholt sich oft. Die Übergriffe werden im Laufe der Zeit häufiger und schwerwiegender.
  • Häusliche Gewalt erfolgt systematisch (im Unterschied zu spontanem Konfliktverhalten).
  • Schuld und Schamgefühle führen zu jahrelangem Schweigen. Die Opfer verbergen die Probleme oder leugnen ihren wahren Ursprung.
  • Die Vorfälle werden – oft von beiden Seiten – bagatellisiert.
  • Opfer können sich häufig nur schwer aus Gewaltbeziehungen lösen. Die emotionale Bindung und Nähe zwischen der Gewalt ausübenden und der gewaltbetroffenen Person schaffen ein Abhängigkeitsverhältnis, das eine Trennung erschwert.
  • Besonders gefährlich für Opfer in Paarbeziehungen sind Trennungssituationen. Während und nach einer Trennung kann häusliche Gewalt entstehen oder sich bei bereits bestehender Gewalt massiv intensivieren, besonders dann, wenn die Gewalttaten entdeckt und öffentlich werden.
  • Die Gewalt ausübende Person nützt ein Machtgefälle in der Beziehung aus.
  • Kinder – als direkt Betroffene oder als Zeugen oder Zeuginnen - zeigen häufig Verhaltensauffälligkeiten.

Es gibt zahlreiche Formen häuslicher Gewalt, die einzeln, oft aber in Kombination vorkommen:

  • Physische Gewalt (schlagen, würgen, schütteln, Verbrennungen zufügen, mit Gegenständen bewerfen usw. bis zur Extremform: mit einem Messer zustechen oder mit einer Schusswaffe erschiessen)
  • Psychische Gewalt (drohen, nötigen, stalken, wiederholt erniedrigen, bevormunden, Kontakte kontrollieren oder verbieten, ein- oder aussperren, Erwerbsarbeit verbieten oder dazu zwingen, Lohn beschlagnahmen usw.)
  • Sexuelle Gewalt (zu sexuellen Handlungen oder zur Prostitution nötigen, vergewaltigen usw.)

Welche Folgen hat häusliche Gewalt für die Betroffenen?

Gewaltbetroffene Personen leiden häufig unter gesundheitlichen Problemen körperlicher und psychischer Art. Einige Beispiele:

  • Folgen körperlicher Art: Verletzungen, Schmerzen, Infektionen, Fettleibigkeit, Alkohol-, Drogen-, Medikamentenmissbrauch

  • Folgen psychischer Art: Depressionen, Angst, Panikattacken, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, Ess- und Schlafstörungen, Suizidgedanken/-versuch

Neben den gesundheitlichen Folgen kommen in der Regel auch soziale Probleme hinzu. Einige Beispiele:

  • Folgen sozialer Art: Stigmatisierung, Isolation, Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Verarmung usw.

Neben den Folgen für die Betroffenen verursacht häusliche Gewalt jährlich hohe volkswirtschaftliche Kosten.

Rechtliche Grundlagen

Häusliche Gewalt ist ein komplexes, vielschichtiges Phänomen, das verschiedene Rechtsbereiche tangiert.

Für Betroffene: Die Beratungsstellen im Kanton informieren Sie im konkreten Fall über Ihre Rechte und Möglichkeiten.

Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht der wichtigsten rechtlichen Grundlagen.

Nationale Rechtsgrundlagen

Schweizerisches Strafgesetzbuch StGB (SR 311.0)

Häusliche Gewalt ist kein strafrechtliches Delikt. Unter diesem Begriff sind aber strafrechtlich eindeutige Delikte zu subsumieren. Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, welche Delikte von Relevanz sind und ob es sich um Antrags- oder Offizialdelikte handelt:

Relevante Bestimmungen im Schweizerischen Strafgesetzbuch StGB (PDF, 30 KB)

Antragsdelikte sind Straftaten, die vom Staat nur auf Antrag der geschädigten Person verfolgt werden, im Gegensatz zu den Offizialdelikten, die der Staat von Amtes wegen strafrechtlich verfolgt.

Schweizerische Strafprozessordnung StPO (SR 312.0)

Die StPO regelt die Verfolgung und Beurteilung von Straftaten gemäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) durch die Strafbehörden.

Schweizerisches Zivilgesetzbuch ZGB (SR 210)

Art. 28b ZGB sieht vor, dass Opfer von häuslicher Gewalt beim Gericht Wegweisungen und Betretungs-, Aufenthalts- und Kontaktverbote beantragen können. Seit 1. Juli 2021 haben Opfer zudem die Möglichkeit, beim Gericht die elektronische Überwachung eines Verbotes zu beantragen (Art. 28c ZGB). Mit einer elektronischen Vorrichtung, die mit der gewaltausübenden Person verbunden ist (z.B. Fussfessel) kann der Aufenthaltsort der gewaltausübenden Person mittels GPS fortlaufend ermittelt und aufgezeichnet werden.

Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO (SR 272)

Die Schweizerische Zivilprozessordnung regelt das Verfahren im Zivilrecht (u.a. zu Prozesskosten und unentgeltlicher Rechtspflege; Kinder im Zivilverfahren).

Opferhilfegesetz OHG (SR 312.5)

Im Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten finden sich Bestimmungen für Gewaltbetroffene (u.a. zu den Leistungen der Beratungsstellen sowie zur Entschädigung und Genugtuung).

Ausländer- und Integrationsgesetz AIG (SR 142.20)
Verordnung über die Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit VZAE (SR 142.201)

Im Ausländer- und Integrationsgesetz sowie der Verordnung über die Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit finden Sie die Aufenthaltsregelung für Opfer häuslicher Gewalt nach Auflösung der Familiengemeinschaft. (Art. 50 AuG sowie Art. 77 VZAE).

Kanton Aargau

  • Die Aargauer Polizeien können Personen, die häusliche Gewalt anwenden oder damit drohen, aus der Wohnung weisen (§34 a) oder Kontakt- und Annäherungsverbote anordnen (§ 34b). Zudem können sie eine gewaltausübende Person zum Schutz der Betroffenen für maximal 24 Stunden in Gewahrsam nehmen (§ 31).
    Polizeigesetz PolG (SAR 531.200)
  • Hier finden Sie die wichtigsten Rechtsgrundlagen zu den vom Kanton Aargau am 1. Juli 2009 umgesetzten Massnahmen gegen häusliche Gewalt (§ 41a).
    Sozialhilfe- und Präventionsgesetz SPG (SAR 851.200)

Informationsblätter

Informationsblätter Häusliche Gewalt, EBG

Weitere Auskünfte zu Grundlagen und spezifischen Formen von häuslicher Gewalt sowie zur Rechtslage in der Schweiz finden Sie nachfolgend:

17 Informationsblätter zu häuslicher Gewalt in der Schweiz (EBG)