Die Gemeinde kann in einzelnen oder in sämtlichen Fällen die Erbringung von Leistungen der Inkassohilfe an geeignete Dritte übertragen (§ 31 Abs. 2 SPG(öffnet in einem neuen Fenster)). Geeignete Dritte können Behörden, Privatunternehmen oder qualifizierte Einzelpersonen sein. Denkbar ist auch, dass mehrere Gemeinden einen Gemeindeverband bilden (vgl. §§ 74 ff. Gesetz über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz, GG)(öffnet in einem neuen Fenster) oder durch Vertrag vereinbaren, die Aufgabe der Inkassohilfe gemeinsam zu erfüllen oder einer Gemeinde zur Erfüllung zu übertragen (vgl. § 72 Abs. 1 GG(öffnet in einem neuen Fenster)).
Auch im Falle einer Auslagerung der Leistungserbringung an geeignete Dritte bleibt die zuständige Gemeinde Fachstelle im Sinne von § 31 Abs. 2ter SPG(öffnet in einem neuen Fenster) und damit verantwortlich für eine gesetzeskonforme Leistungserbringung. Die Gemeinde muss beurteilen können, welche Fälle ausgelagert werden sollen, ob die hierfür ausgewählten Dritten das Erfordernis der Eignung und ihren Auftrag rechtskonform erfüllen. Ferner muss die Gemeinde als Fachstelle jederzeit in der Lage sein, allfällige Entscheide betreffend die Inkassohilfe zu erlassen (§ 31 Abs. 2ter lit. b SPG(öffnet in einem neuen Fenster)), denn diese Befugnis ist nicht an Dritte übertragbar (§ 31 Abs. 2 SPG(öffnet in einem neuen Fenster)). Mit Entscheid ist der individuelle, an den Einzelnen gerichtete hoheitliche Akt gemeint, durch den in Anwendung des Inkassohilferechts eine konkrete Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise zwischen der Gemeinde und der anspruchsberechtigten Person geregelt wird. In der Praxis kommen dafür verschiedene Begriffe zur Anwendung wie zum Beispiel Entscheid, Verfügung, Beschluss oder Bescheid. Diese Entscheide sind von der Gemeinde selbst zu erlassen; das heisst, entweder von der Sozialbehörde gemäss § 44 Abs. 1 SPG(öffnet in einem neuen Fenster) oder einer gemäss § 39 GG(öffnet in einem neuen Fenster) zuständigen Stelle (einzelne Gemeinderatsmitglieder, Kommissionen oder Mitarbeitende; vorausgesetzt ist dabei ein kommunales Reglement, welches die Einzelheiten der Delegation regelt (§ 39 Abs. 3 GG(öffnet in einem neuen Fenster)).
Die in § 25a SPV(öffnet in einem neuen Fenster) enthaltenen fachlichen Anforderungen an die Fachstelle gelten auch für jene Gemeinden, welche die Inkassohilfe als Ganzes auslagern (vgl. Kapitel 22.2.2.1 Anforderungen an die Fachstelle). Um die oben beschriebenen Aufgaben (Verantwortung für gesetzeskonforme Leistungserbringung sowie Erlass von Entscheiden) dennoch wahrnehmen zu können, scheint es sinnvoll, dass die Anforderungen an die Qualifikationen weniger ausgeprägt sein müssen. Es scheint entsprechend in der Praxis beispielsweise ausreichend, wenn die verantwortliche Stelle in der Gemeinde den Aufbaukurs Inkassohilfe des Kantonalen Sozialdiensts besucht hat (vgl. Website Kurse und Fachseminare Soziales Kanton Aargau) und die Gemeinde damit im Sinne von § 25a lit. a SPV(öffnet in einem neuen Fenster) über die notwendige Weiterbildung verfügt, um ihre Verantwortung als Auftraggeberin und verfügende Behörde einwandfrei wahrzunehmen. Dies gilt nicht für jene Gemeinden, die einzelne Inkassohilfeleistungen selbst erbringen. Diese müssen ein vertiefteres Fachwissen aufweisen (vgl. Kapitel 22.2.2.1 Anforderungen an die Fachstelle).
Dritte sind zur Erbringung von Leistungen der Inkassohilfe geeignet, wenn sie über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen, um im betreffenden Einzelfall die entsprechenden Leistungen erbringen zu können (§ 31 Abs. 2bis SPG(öffnet in einem neuen Fenster); vgl. Kapitel 22.2.3.2 Leistungen im Rahmen der Inkassohilfe). Es gelten für Dritte die gleichen Anforderungen in Bezug auf die notwendigen Fachkenntnisse wie für die Fachstellen, welche selbst die Inkassohilfeleistungen erbringen (§ 25a SPV(öffnet in einem neuen Fenster); vgl. Kapitel 22.2.2.1 Anforderungen an die Fachstelle).
Zur Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflicht gegenüber den beauftragten Dritten, scheint es sinnvoll, wenn die Gemeinden mindestens einmal pro Jahr einen Rechenschaftsbericht einverlangen. Der Rechenschaftsbericht sollte nicht lediglich in Form einer Aktenkopie erfolgen, sondern sollte in kompakter Form Auskunft über die wesentlichen ergriffenen Massnahmen und den Verfahrensstand im Einzelfall geben. Folgende Informationen könnten im Rahmen dieser Rechenschaftsberichte beispielsweise einverlangt werden:
- aktuelle Finanzinformationen über die verpflichtete Person
(Steuerveranlagung, Lohnausweise, Informationen zum individuellen Existenzminium etc.) - welche Inkassomassnahmen (gütlich und rechtlich) wurden eingeleitet, Stand der eingeleiteten Massnahmen und geplante Schritte
- Informationen über Vereinbarungen und Verfahrensakten aus Zwangsvollstreckungsverfahren
- Einstellungsüberprüfung bei regelmässigen Zahlungseingängen oder erfolglosen Inkassomassnahmen
- Sicherung von Vorsorgeguthaben – Schreiben an Freizügigkeitseinrichtung und deren Eingangsbestätigung
- Meldungen an Betreibungsämter zur Prüfung einer privilegierten Anschlusspfändung
- Drittauszahlungsgesuche für Familienzulagen und weitere Sozialversicherungsleistungen (bspw. IV-Kinderrente)
- Erfolgsquote des vorgenommenen Inkassos mit Begründung
- Anfrage an Staatssekretariat für Migration (SEM) zur automatischen Meldung bei Wiedereinreise von ausländischen Unterhaltspflichtigen (muss alle 5 Jahre erneuert werden)
- aktuelle Finanzinformationen über die unterhaltsberechtigte Person zur Prüfung einer allfälligen Kostenbeteiligung (bei volljährigen Kindern Ausbildungsbestätigung)
- Informationen über Bearbeitungsaufwand
Der Rechenschaftsbericht ist ein geeignetes Werkzeug zur Qualitätssicherung. Dieses kann auch eingesetzt werden, wenn die Aufgabe gemeindeintern erfüllt wird.
Die Gemeinde stellt stets den Datenschutz sicher, insbesondere auch bei einer Auslagerung von Inkassohilfeleistungen. Die Bestimmungen zur gegenseitigen Amtshilfe und Bekanntgabe von Daten gemäss § 46 SPG(öffnet in einem neuen Fenster) gelten nicht nur für die Gemeinden, sondern auch für beauftragte Dritte (vgl. Kapitel 16.1 Amtshilfe).