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Gesundheitsberufe

KVG-Revision; neue Zulassungsbedingungen

Ab 1. Januar 2022 gelten für Personen, welche zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP Leistungen erbringen wollen, neue Regelungen. Zuständig für die Zulassung sind dabei neu die Kantone.

Mit der Neuregelung sollen die Anforderungen an die Qualität und Wirtschaftlichkeit gestärkt werden, welche die zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zugelassenen Leistungserbringer erfüllen müssen. Bislang konnten die Leistungserbringer, welche eine gesundheitspolizeiliche Bewilligung vom Kanton erhielten, direkt bei der SASIS AG eine sogenannte Zahlstellenregisternummer (ZSR-Nummer) beantragen, mit welcher sie dann ihre erbrachten Leistungen abrechnen konnten. Die SASIS AG vergibt diese Nummer im Auftrag der Krankenversicherer und prüfte dabei auch die Erfordernisse der Krankengesetzgebung.

Neu müssen die Kantone über alle Zulassungsgesuche der Leistungserbringer in einem formellen Zulassungsverfahren nach kantonalem Verwaltungsrecht befinden. Sie überprüfen, ob die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller die vom Bundesrat festgelegten Zulassungsvoraussetzungen im Sinne der Krankenversicherungsverordnung (KVV) erfüllen. Das heisst, erst nachdem der zuständige Kanton überprüft hat, ob die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind, erteilt er dem jeweiligen Leistungserbringer die Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP. Zuständig im Kanton Aargau ist dabei das Departement für Gesundheit und Soziales, Abteilung Gesundheit. Dieses Zulassungsverfahren ist dabei nicht mit dem Verfahren für eine gesundheitspolizeiliche Bewilligung (Berufsausübungsbewilligung) zu verwechseln.

Bislang bestehende OKP-Zulassungen bleiben bestehen und sind von den Änderungen nicht berührt. Änderungen der Tätigkeiten oder im Betrieb sind dem Departement weiterhin zu melden. Die Mutation bewirkt aber auch hier nicht eine Neuprüfung der Zulassung.

Was ändert sich für neue Zulassungen?

Leistungserbringer sind nur von jenem Kanton zugelassen sind, auf dessen Gebiet sie tätig sind. Beabsichtigen sie, auch in einem anderen Kanton Leistungen zulasten der OKP zu erbringen, ist beim jeweiligen Kanton ebenfalls ein entsprechendes Gesuch einzureichen. Anerkennung von ausserkantonalen Zulassungen oder eine – wie im Bereich der Berufsausübungs- und Betriebsbewilligungen existierende – Meldetätigkeit von 90 Arbeitstagen pro Jahr ist hinsichtlich der Zulassungen zur Leistungserbringung zulasten der OKP gesetzlich nicht vorgesehen. Daraus folgt, dass jeder Kanton die Zulassungsvoraussetzungen vollumfänglich zu prüfen hat.

Im Kanton Aargau kann inskünftig die KVG-Zulassung gleichzeitig mit der Berufsausübungsbewilligung beantragt werden; auch der Bescheid erfolgt für beide Gesuche gleichzeitig. Die beiden Sachverhalte werden aber unabhängig voneinander geprüft; die Gutheissung der Berufsausübungsbewilligung verleiht keinen Anspruch auf Gutheissung der Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP und umgekehrt. Die genauen Prüfkriterien entspringen dabei der Krankenversicherungsverordung (ab Art. 38).

Generell müssen Leistungserbringer folgenden Kriterien genügen:

  • Ausreichende Ausbildung/Diplome gemäss einschlägigen Bundes- oder kantonalen Gesetzen.
  • Kantonale Bewilligung zur Berufsausübungsbewilligung.
  • Ausreichende praktische Tätigkeit von zwei Jahren (oder drei Jahren bei einzelnen Berufen) bei einer entsprechend nach KVV zugelassenen Fachperson oder einer einem bewilligten (Spital-)Betrieb unter Aufsicht einer zugelassenen Person des gleichen Berufs. Bei Teilzeit verlängert sich die nachzuweisende Zeitspanne dementsprechend.
  • Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Art. 58g KVV (im Detail siehe weiter unten).
  • Für Ärztinnen und Ärzte gelten folgende zusätzliche Bedingungen:
    • Ein vom Bundesrat anerkannter Weiterbildungstitel im Fachgebiet, für welches eine Zulassung angestrebt wird (bei einem durch die MEBEKO anerkannten Weiterbildungstitel muss der Nachweis einer dreijährigen Tätigkeit an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte gemäss SIWF erbracht werden).
      Eine Ärztin beziehungsweise ein Arzt mit mehreren Weiterbildungstiteln hat entsprechend für jedes Fachgebiet, für welches Leistungen zulasten der OKP erbracht werden sollen, eine Zulassung zu beantragen.
    • Nachweis Deutschkenntnisse Niveau C1 gemäss Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) für Fremdsprachenmittels einer in der Schweiz abgelegten Sprachprüfung. Verzichtet werden kann, sofern die Muttersprache der gesuchstellenden Person Deutsch ist oder die Medizindiplomabsolvierung oder die Absolvierung einer schweizerischen gymnasialen Maturität auf Deutsch erfolgten.
    • Einhalten etwaiger Höchstzahlen gemäss der Höchstzahlenverordnung (siehe ganz unten).
    • Anschluss an eine zertifizierte Gemeinschaft oder Stammgemeinschaft nach Art. 11 Bst. a des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1).

Generell müssen Leistungserbringer, welche über eine kantonale Betriebsbewilligung verfügen, folgenden Kriterien genügen:

  • Sie verfügen nach der Gesetzgebung des Tätigkeitskantons über eine gesundheitspolizeiliche Bewilligung.
  • Sie haben den örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeitsbereich festgelegt.
  • Sie erbringen Leistungen durch Personen, welche den obengenannten personenbezogenen Kriterien genügen. Im Kanton Aargau entspricht dies mindestens der gesamtverantwortlichen Leitungsperson.
  • Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtungen.
  • Sie erfüllten die Qualitätsanforderungen (siehe nachfolgend).

Wie sehen diese Qualitätsanforderungen konkret aus?

Wie bereits angesprochen, müssen alle Leistungserbringer neuen Qualitätsanforderungen genügen. Diese sind konkret in Art. 58 g des Krankenversicherungsgesetzes (KVV) genannt, welche am 01. Januar 2022 in Kraft tritt. Die Leistungserbringer müssen dabei gemäss Bundesrat nebst dem erforderlichen qualifizierten Personal über ein geeignetes Qualitätsmanagementsystem verfügen. Ebenso weisen sie sich über ein geeignetes internes Berichts- und Lernsystem aus und haben sich, sofern ein solches besteht, einem gesamtschweizerisch einheitlichen Netzwerk zur Meldung von unerwünschten Ereignissen angeschlossen. Ebenso verfügen sie über die Ausstattung, die erforderlich ist, um an nationalen Qualitätsmessungen teilzunehmen.

Die Leistungserbringer haben sich weiter während der gesamten Dauer der Leistungserbringung zulasten der OKP an sogenannte Qualitätsverträge nach Art. 58a KVG zu halten. Die Verbände der betreffenden Leistungserbringer und der Versicherer sind verpflichtet, gesamtschweizerisch geltende Verträge über die Qualitätsentwicklung beziehungsweise Qualitätsverträge abzuschliessen und diese dem Bundesrat zu unterbreiten. Diese Qualitätsverträge gelten dabei auch für Nichtmitglieder.

Die einzelnen Gesuchsfragen und Angaben werden bei den jeweiligen Berufen und Betrieben in das entsprechende Gesuchsformular eingebaut. Diese Gesuchsformulare werden im Laufe des Dezembers 2021 aufgeschaltet werden. Sie finden zur Orientierung und Absteckung des Rahmens auch entsprechende Beispiele.

Verletzen Leistungserbringer im ambulanten Bereich die Anforderungen an die Leistungsqualität, die unter die Zulassungsvoraussetzungen oder unter die erteilten Auflagen fallen, können Disziplinarverfahren eingeleitet werden, die eine Massnahme oder gar den Entzug der OKP-Zulassung vorsehen. Die Versicherer können in begründeten Fällen den Zulassungsentzug beim Departement beantragen (Art. 38 Abs. 3 KVG).

Wie sieht es für Ärztinnen und Ärzte bezüglich Höchstzahlen aus?

Die seit mehreren Jahren bestehende Regelung des Art. 55a des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) als Behelf wurde am 01. Juli 2021 durch eine Höchstzahlenverordnung ausgebaut. Der Beschränkung unterstehen Ärztinnen und Ärzte, die im spitalambulanten Bereich oder in einer Einrichtung der ambulanten Krankenpflege tätig sind. Die Verordnung definiert technische Herleitungen und Vorgehensweisen, sodass die Kantone inskünftig Höchstzahlen pro Fachbereich vorsehen müssen.

Aufgrund der hohen Technizität sind aber die Kantone zurzeit noch mit der Umsetzung beschäftigt, wobei weiter auch Übergangsfristen bestehen. Sodann wendet der Kanton Aargau aufgrund dieser das bestehende Recht bis Juni 2023 an, sodass gerade Grundversorger von vereinfachten Zulassungen profitieren können. Der Kanton Aargau hat auch nachher kein Interesse, bei einem objektiv-berechtigten Interesse über eine Kappung einen künstlichen Versorgungsengpass zu generieren.