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7.3 Medizinische Grundversorgung

7.3.1 Krankenversicherungsprämien

Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gemäss KVG gedeckt. Die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gehören zur Grundsicherung im Rahmen der materiellen Hilfe (§ 2a SPV(öffnet in einem neuen Fenster) i.V.m. SKOS-RL C.5. Medizinische Grundversorgung(öffnet in einem neuen Fenster)). Die Prämien der Zusatzversicherung gehören nicht zur materiellen Grundsicherung und sind lediglich in Ausnahmefällen durch die materielle Hilfe zu übernehmen. Voraussetzung dafür ist die medizinisch begründete Notwendigkeit eines besseren Versicherungsschutzes respektive einer daraus resultierenden kostengünstigeren Variante.

Soweit sie angemessen sind und den aktuellen Richtprämien entsprechen, sind die effektiv anfallenden Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in die Bedarfsrechnung einzubeziehen. Der Regierungsrat legt die Richtprämien jährlich gemäss § 5 KVGG(öffnet in einem neuen Fenster) i.V.m. § 4 Abs. 1 V KVGG(öffnet in einem neuen Fenster) fest. Die Richtprämie entspricht dem Durchschnittswert der jeweils zehn günstigsten Prämien im Kanton Aargau für HMO- oder Hausarztversicherungsmodelle (§ 4 V KVGG(öffnet in einem neuen Fenster)). Übersteigen die effektiven KVG-Prämien der unterstützten Person die Richtprämien, so gelten die KVG-Prämien grundsätzlich als überhöht. Der Sozialdienst prüft in diesem Fall, ob Gründe vorliegen, welche die Übernahme der höheren Prämien rechtfertigen. Liegen keine Rechtfertigungsgründe für die Übernahme der überhöhten Kosten vor, so fordert der Sozialdienst die unterstützte Person mittels Auflagen- und Weisungsverfahren (2-stufiges Verfahren, vgl. Kapitel 12 Nicht Übernahme überhöhter gebundener Ausgaben) auf, die effektive Prämie innert einer angemessenen Frist an die Richtprämie anzupassen. Der Sozialdienst kann dazu von der unterstützten Person auch den Wechsel in ein alternatives Versicherungsmodell verlangen (beispielsweise Hausarztmodell oder Tel-Med-Modell). Der Sozialdienst muss sicherstellen, dass der Wechsel in ein alternatives Versicherungsmodell für die betroffene Person zumutbar ist. Je nach Versicherungsmodell sind höhere persönliche Kompetenzen der versicherten Person erforderlich. Der Sozialdienst muss deshalb bei der Auflage zum Versicherungswechsel dem Individualisierungsprinzip besondere Beachtung schenken.

Weigert sich eine unterstützte Person, zu einer günstigeren Krankenversicherung zu wechseln, so übernimmt die Gemeinde im Rahmen der Sozialhilfe die KVG-Prämie nur noch im Umfang der Richtprämie (§ 13a Abs. 2 SPG(öffnet in einem neuen Fenster)). Die festgelegte Anpassung ist der unterstützten Person in Form einer zweiten beschwerdefähigen, begründeten Verfügung zu eröffnen. Der den Richtwert übersteigende Betrag kann mit laufenden Leistungen verrechnet werden (vgl. Kapitel 12 Nicht Übernahme überhöhter gebundener Ausgaben).

Die Anpassung der KVG-Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung an die Richtprämie ist nicht zulässig, wenn die betroffene Person triftige Gründe für die Nichtbefolgung der Auflage und Weisung vorbringt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Wechsel der Versicherung aufgrund von Prämienausständen nicht möglich ist.

Der Eintritt in die Sozialhilfe gilt gemäss § 17 Abs. 1 KVGG(öffnet in einem neuen Fenster) als Antrag auf Prämienverbilligung. Der Sozialdienst erfasst die unterstützte Person im PartnerWeb der SVA, um den Eintritt in die Sozialhilfe anzuzeigen. Unterstützte Personen haben gemäss § 17 Abs. 2 KVGG(öffnet in einem neuen Fenster) maximal Anspruch auf einen Beitrag in der Höhe der Richtprämie als Prämienverbilligung. Die SVA vergütet die Prämienverbilligung direkt an die Krankenversicherung (Art. 65 Abs. 1 KVG(öffnet in einem neuen Fenster)). Die Differenz zwischen der effektiven Prämie und der Prämienverbilligung beziehungsweise der Richtprämie ist von der Gemeinde über die Sozialhilfe zu tragen. Vom Zeitpunkt des Eintritts der Person in die Sozialhilfe bis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zu dem ein Wechsel des Versicherungsmodells möglich ist, kann die Gemeinde diese Differenz als Prämienverbilligung bei der SVA Aargau (Kompetenzzentrum für Sozialversicherungen)(öffnet in einem neuen Fenster) zwecks Rückerstattung geltend machen. Dabei hat die Gemeinde Folgendes zu beachten:

  • Ein Wechsel der Versicherung oder des Versicherungsmodells ist stets per 1. Januar des kommenden Jahres möglich. Wenn der Eintritt in die Sozialhilfe kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30. November erfolgt, verlängert sich die Anspruchsdauer der Gemeinde auf Rückerstattung der Differenz zwischen effektiver Prämie und Richtprämie bis zum Ende des nächsten Jahres. Die Gemeinde erhält dadurch genügend Zeit, fristgerecht den Wechsel der Krankenversicherung oder des Versicherungsmodells der unterstützten Person zu erwirken. Die Anspruchsdauer der Gemeinde beträgt somit maximal 15 Monate.

  • Lässt die Gemeinde den erstmöglichen zumutbaren Kündigungstermin unbenutzt verstreichen, verfällt ab diesem Zeitpunkt der Anspruch der Gemeinde gegenüber der SVA auf Rückerstattung der Differenz zwischen der effektiven Prämie und der Richtprämie.