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3.2 Zuständigkeitsstreitigkeiten

3.2.2 Interkantonale Zuständigkeitsstreitigkeiten

Im interkantonalen Verhältnis bestimmt sich der Unterstützungswohnsitz nach dem Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG). Welche Behörde innerkantonal zuständig ist, ergibt sich aus den jeweiligen kantonalen Rechtsgrundlagen zur Sozialhilfe.

Im interkantonalen Bereich hat die Gemeinde umgehend nach Erhalt eines Gesuchs um materielle Hilfe ihre Zuständigkeit als Unterstützungswohnsitz oder als Aufenthaltsort zu prüfen (§ 5 Abs. 2 SPV). Verneint die Gemeinde ihre Zuständigkeit als Wohnsitz- oder Aufenthaltsgemeinde, tritt sie umgehend mit der ihrer Meinung nach zuständigen Gemeinde in Kontakt (§ 5 Abs. 3 SPV).

Kommt keine Einigung zwischen den Gemeinden zustande und ist das Gesuch um materielle Hilfe bei der Aargauer Gemeinde eingereicht worden, so wendet sich diese an den Kantonalen Sozialdienst Aargau (KSD). Damit der KSD den Fall beurteilen kann, sind folgende Unterlagen einzureichen:

  • Gesuch um Klärung der Zuständigkeit: Dieses beinhaltet insbesondere eine umfassende Schilderung des Sachverhalts, eine rechtliche Beurteilung und einen Antrag. Im Antrag ist festzuhalten, ab welchem Zeitpunkt der Fall beurteilt werden soll.

  • Gesuch um materielle Hilfe der unterstützten Person: Ohne das Gesuch um materielle Hilfe fehlt es am Nachweis, dass tatsächlich ein Sozialhilfefall besteht, in welchem über die Zuständigkeit zu entscheiden ist.

  • Entscheid der eintretenden Gemeinde betreffend Ausrichtung von materieller Hilfe (zum Beispiel Protokollauszug der Sozialbehörde): Da sich negative Kompetenzkonflikte nicht zulasten der betroffenen Person auswirken dürfen, ist der Nachweis erforderlich, dass die hilfesuchende Person durch eine der involvierten Gemeinden vorläufig unterstützt wird.

  • Beleg über den Einigungsversuch zwischen den beteiligten Gemeinden: Mittels einer Aktennotiz, einem Schriften- oder E-Mail-Verkehr wird der Nachweis erbracht, dass die Gemeinden versucht haben, sich zu einigen, und dass das in § 5 Abs. 3 SPV vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist.

  • Notfallunterstützungsanzeige (Art. 30 ZUG): Auf dem Formular ist anzugeben, dass ein negativer Kompetenzkonflikt vorliegt und die Unterstützung lediglich einstweilen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt.

Die Gemeinde darf sich nicht auf Behauptungen beschränken, sondern hat diese mit geeigneten Unterlagen zu belegen (zum Beispiel Verträge, Auskünfte von Einwohnerdiensten, schriftliche Bestätigungen der hilfesuchenden Person etc.).

Falls notwendig, stellt der KSD bei der gesuchstellenden Gemeinde Rückfragen und übernimmt für die Aargauer Gemeinde gegebenenfalls die weiteren Verhandlungen. Der KSD wendet sich dazu als Partei an den anderen Kanton und versucht mit dem entsprechenden Kantonalen Sozialdienst eine Einigung zu finden.

Kommt es auch zwischen den Kantonen zu keiner Einigung, ist ein Streitverfahren (Art. 33 f. ZUG) zu führen. Der KSD übermittelt diesfalls die von der Aargauer Gemeinde eingereichte Notfallunterstützungsanzeige (Art. 30 ZUG) an den gegnerischen Kanton und leitet damit das Streitverfahren ein. Der gegnerische Kanton hat daraufhin die Möglichkeit, innert 30 Tagen Einsprache zu erheben. Unter Angabe der Gründe und falls der gegnerische Kanton die Einsprache später nicht wieder zurückzieht, kann der KSD die Einsprache gemäss Art. 34 Abs. 1 ZUG abweisen. Der gegnerische Kanton kann darauf innert 30 Tagen bei der richterlichen Behörde des Kantons Beschwerde erheben.

Wurde das Gesuch um materielle Hilfe bei einer Gemeinde ausserhalb des Kantons Aargau eingereicht, so hat diese nach den im jeweiligen Kanton geltenden Vorgaben vorzugehen. In der Regel tritt diese Gemeinde ebenfalls mit dem Kantonalen Sozialdienst ihres Kantons in Kontakt, welcher sich nötigenfalls mit dem KSD in Verbindung setzt, um eine Einigung zu erzielen. Der KSD kontaktiert in solchen Fällen stets die betroffene Aargauer Gemeinde und lädt diese zur Stellungnahme ein.

Negative Kompetenzkonflikte dürfen sich nicht zulasten der hilfesuchenden Person auswirken. Ist die betroffene Person sofort auf Hilfe angewiesen, ist sie daher von einer der im Streit liegenden Gemeinden einstweilen zu unterstützen. Wenn die Voraussetzungen für den Bezug von materieller Hilfe erfüllt sind, hat die fallführende Gemeinde auch während des beim KSD hängigen Verfahrens ordentliche Sozialhilfe und nicht lediglich Notfallhilfe auszurichten (§ 6 Abs. 1 SPG).

Wenn sich im Zuständigkeitsverfahren herausstellt, dass die sozialhilferechtliche Zuständigkeit bei der anderen Gemeinde liegt, muss diese der Gemeinde, welche einstweilen unterstützt hat, die ausgerichteten Kosten für die wirtschaftliche Hilfe zurückerstatten.