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Aus der Praxis

Kampf gegen Neophyten

Es ist kräftezehrend, in der Sommerhitze stundenlang Berufkraut und andere Neophyten auszureissen, im Wissen, dass noch viele weitere Durchgänge nötig sein werden. Lohnt sich der Kampf überhaupt? Das Redaktionsteam Labiola hat für Sie drei Mutmacher zusammengestellt. Unser Appell: Jetzt nicht aufgeben!

Mutmacher #1: Beharrliches Ausreissen bringt Erfolg

So präsentierte sich Beat Zimmermanns Weide im Sommer 2010.
Vor jeder Nutzung werden sämtliche Problempflanzen entfernt, damit sich die Samen nicht über das Futter verbreiten.
Das Ausreissen erfolgt flächendeckend und systematisch von unten nach oben.
Vereinspräsident Ambros Ehrensperger schätzt die Zusammenarbeit mit den Landwirten.

Rund zwanzig Jahre ist es her, als Beat Zimmermann auf seiner extensiv genutzten Rinderweide in Fisibach erstmals die hochwachsenden Kräuter mit den kamillenähnlichen Blüten entdeckte – das Einjährige Berufkraut. In der Folge breitete sich die invasive Pflanze rasant aus, besetzte jede Lücke, verdrängte Futtergräser und Nektarpflanzen. Bald wurde deutlich: Einmal abgefressen oder gemäht, treibt das Kraut wieder aus und wird mehrjährig. Im Sommer 2010 war die Weide ein unheimliches weisses Blütenmeer. "Mir wurde klar, dass ich sofort handeln musste", erinnert sich der Landwirt mit Labiola-Vertrag.

Jährlich noch drei Personentage nötig

Familie Zimmermann trommelte ein Bekämpfungsteam aus Freiwilligen zusammen: Ein Einsatz im Frühjahr, zwei im Sommer und einer im Herbst, jährlich wiederkehrend. "Ab dem achten Bekämpfungsjahr nahm der Aufwand dann deutlich ab", bestätigt Beat Zimmermann. Heute sind noch etwa drei Personentage nötig, um die 70 Aren sauber zu halten. Vor jeder Nutzung werden sämtliche Problempflanzen entfernt. Darunter ist auch das Kanadische Berufkraut, ebenfalls ein invasiver Neophyt. Die Futterqualität verbessert sich langsam aber stetig und auch die Qualitätszeiger versamen wieder erfolgreich, freut sich Zimmermann und ergänzt: "Die Neophytenbekämpfung ist zur Daueraufgabe geworden, aber sie ist machbar, wenn man dranbleibt".

Mutmacher #2: Naturschutzvereine helfen mit

Der Naturschutzverein Bachsertal arbeitet Hand in Hand mit den Landwirten in Fisibach und Bachs zusammen. Präsident Ambros Ehrensperger und seine Freiwilligen leisten jährlich gut zehn Bekämpfungseinsätze. "Ein Schwerpunkt sind dabei die Siedlungs- und Strassenränder, denn von dort gelangen die Samen in die Naturschutzgebiete und auf die Biodiversitätsförderflächen", erklärt der engagierte Naturfreund. Im NV Bachsertal sind mehrere Bauernfamilien aktiv und sehr geschätzt. Ambros Ehrensperger meint dazu: "Landwirte sind unschlagbar, wenn es darum geht, eine Idee in die Praxis umzusetzen. Ausserdem sind sie hervorragende Naturbeobachter". Ähnliche Aussagen sind bei vielen Naturschutzvereinen im Aargau zu hören.

Container für kostenlose Entsorgung

Mit dem Ausreissen alleine ist es bei der Neophytenbekämpfung noch nicht getan: Das Pflanzenmaterial muss auch fachgerecht entsorgt werden. Der sicherste Weg, um eine Weiterverbreitung zu verhindern, ist die Kehrichtverbrennungsanlage. Grüngut-Verwertungsbetriebe dürfen problematisches Pflanzenmaterial nur annehmen, wenn sie über eine thermische Hygienisierung verfügen. In Fisibach stellt die Gemeinde dieses Jahr erstmals Container für die kostenlose und fachgerechte Entsorgung zur Verfügung. Den Antrag an die Gemeinde stellte der Ackerbaustellenleiter (KEL) gemeinsam mit dem Naturschutzverein. Beat Zimmermann und Ambros Ehrensperger freuen sich: "Es ist ein Zeichen der Wertschätzung für unsere Arbeit gegen invasive Neophyten und für die Biodiversität".

Mutmacher #3: Gemeinden und Kanton verstärken ihr Engagement

Andi Distel erklärt an einem Flurgang in Hägglingen, wie man die giftige Ambrosia erkennt.
Die Liebegger Mitarbeiterin Tilika Chamberlin erklärt die Vorzüge heimischer Sträucher für den Garten.
Nicht alle Gartenbesitzer wissen, dass das Ablagern von Grüngut am Waldrand verboten ist. Auch der Kirschlorbeer gehört zu den invasiven Neophyten.

Andi Distel, Leiter Pflanzenschutz am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, beobachtet ein zunehmendes Engagement der Gemeinden in Sachen Neophyten. Immer öfter erhält er Anfragen kommunaler Umweltkommissionen, die Aktionstage, Feldumgänge oder Informationsabende für die Bevölkerung durchführen möchten. "Solche Anlässe sind eine Chance, um den Austausch zwischen Bauernfamilien und der Bevölkerung zu fördern", ist Andi Distel überzeugt und ergänzt, dass die Initiative dazu oft von Landwirtinnen und Landwirten ausgeht, die sich in den Kommissionen engagieren.

Grossrat bewilligt mehr Mittel

Und wie steht es um die Neophytenbekämpfung im öffentlichen Raum? «Eine Ressourcenfrage», betont Andi Distel. Doch auch dazu gibt es gute Nachrichten: In seiner Antwort auf die Motion Bucher bestätigte der Regierungsrat vor kurzem den Bedarf, die bestehende kantonale Koordinationsstelle personell zu stärken, um die Gemeinden bei der Bekämpfung eingeschleppter Organismen (Neobiota) aktiv zu unterstützen. Auf Antrag der Regierung stockte der Grosse Rat die entsprechenden Mittel jüngst deutlich auf. Ebenso befürworten Regierungsrat und Parlament die Forderung der Motion Bucher, mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit mehr Freiwillige für Pflege-Einsätze zu motivieren – ein Anliegen ganz im Sinne der Landwirtschaft und der Biodiversität.

Beratung bei Problempflanzen auf Biodiversitätsförderflächen: