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Belastete Standorte & Altlasten

Umgang mit PFAS bei belasteten Standorten

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind eine grosse Gruppe von Stoffen. Sie werden in der Umwelt nicht oder nicht vollständig abgebaut und belasten Grundwasser und Boden. Einige PFAS sind toxisch und reichern sich im Körper an. Sanierungen sind aufwändig und die Entsorgung PFAS-haltiger Abfälle ist nicht gelöst. Deshalb sind PFAS eine grosse Herausforderung im Umweltschutz.

Die Informationen auf dieser Seite richten sich in erster Linie an Altlasten-Fachbüros, die Massnahmen bei Standorten mit PFAS-Verdacht oder festgestellten Belastungen planen und durchführen.

Vorkommen in der Umwelt

PFAS werden namentlich als Schaumbildner in Löschschäumen, als Benetzungsmittel und zur Beschichtung von Textilien, Papier und Leder angewendet. PFAS werden flächendeckend in Schweizer Oberböden (0-20 cm Probenahmetiefe) in Konzentrationen im tiefen einstelligen µg/kg-Bereich nachgewiesen, wie eine Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zeigt. Diese Hintergrundkonzentrationen nehmen mit der Tiefe schnell ab und liegen unterhalb 0.5 m meistens unter 0.1 µg/kg. Aargauer Grundwasser und Oberflächengewässer weisen eine Hintergrundkonzentration im einstelligen ng/L-Bereich auf. Zonen mit höheren Grundwasserbelastungen werden derzeit auf mögliche Quellen untersucht; im Verdacht steht in erster Linie der Einsatz von PFAS-haltigen Löschmitteln. Häufig ist die Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) der Stoff mit den höchsten Konzentrationen, und da er toxischer ist als die meisten anderen PFAS, ist PFOS auch meist der relevanteste.

Grenzwerte

In der Abfallverordnung (VVEA), Altlasten-Verordnung (AltlV) und Gewässerschutzverordnung (GSchV) sind bislang keine allgemeingültigen Grenzwerte festgelegt. Grenzwerte gemäss AltlV und VVEA müssen für jeden Standort hergeleitet werden. Die Abteilung für Umwelt (AfU) legt die Werte mit Zustimmung des BAFU fest.

Das BAFU schlägt zur Beurteilung der Überwachungs- und Sanierungsbedürftigkeit von Grundwasser einen Konzentrationswert gemäss AltlV (K-Wert) von 50 ng TEQ/L als toxizitätsgewichtete Summe von mindestens 9 PFAS vor (siehe Dropdownfenster unten). Als Feststoffgrenzwert nach VVEA für unverschmutztes Material (U-Wert) schlägt das BAFU 0.1 µg/kg je Einzelsubstanz vor. Die AfU beurteilt diese beiden Grenzwerte als angemessen.

Fällt bei einem Bauprojekt PFAS-belastetes Aushubmaterial an, werden je nach festgelegtem Entsorgungsweg (gemäss Entsorgungskonzept) bei Bedarf entsprechende VVEA-(Feststoff-)Grenzwerte festgelegt. Ein Grenzwert nach VVEA für die Verwertung von Material am Ort, an dem es anfällt, ist mit einer standortspezifischen Gefährdungsabschätzung herzuleiten. Damit soll sichergestellt werden, dass es zu keiner erhöhten Freisetzung von PFAS in ein Gewässer kommt.

Eine Verwertung von Material als Rohstoff für die Herstellung von Zementklinker ist in den Zementwerken des Kantons Aargau derzeit nicht zulässig. Ebenfalls nehmen Aargauer Deponien derzeit keine PFAS-haltigen Abfälle an.

Umgang mit Boden

Die obigen Ausführungen beziehen sich auf Aushub- bzw. Untergrundmaterial. Bis zur Festlegung von gesetzlich verankerten Richt- und Prüfwerten werden für die Verwertung von Boden im Einzelfall Grenzwerte von der Behörde festgelegt. Der Kanton Aargau schlägt aufgrund der festgestellten Hintergrundbelastung (siehe oben) folgendes vor: Es handelt sich um verwertungspflichtigen Boden (vp) wenn er ≤ 2.5 µg/kg PFAS (nach VBBo-Analytik) enthält (gemäss Vollzugshilfe "Beurteilung von Boden im Hinblick auf seine Verwertung", BAFU, 2021). Boden ist eingeschränkt (auf Flächen mit analoger chemischer Belastung) verwertbar (evI) oder nur am Entnahmeort verwertbar (evII) wenn er ≤ 5 µg/kg PFAS enthält. Boden ist somit nicht verwertbar (nv) wenn er > 5 µg/kg PFAS enthält. Wir weisen darauf hin, dass eine Bodenuntersuchung auf PFAS, wie bei allen anderen Schadstoffen, nur bei konkretem Verdacht vorzunehmen ist.

Bei der Analytik der 9 vom BAFU mindestens zu analysierenden PFAS muss bei Feststoffproben eine Bestimmungsgrenze von 0.1 µg/kg und bei Wasserproben von 1 ng/L je Einzelsubstanz erreicht werden.

Toxizitätsgewichtete Summenkonzentrationen bei PFAS

Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen PFAS wird der Konzentrationswert gemäss AltlV für die Beurteilung der Einwirkungen von belasteten Standorten auf die Gewässer als toxizitätsgewichtete Summe (Toxizitätsequivalenz-Konzentration, TEQ) angegeben. Die Konzentration jedes einzelnen Stoffs wird mit dem jeweiligen Toxizitätsäquivalenzfaktor (TEF) multipliziert; die so erhaltenen toxizitätsgewichteten Konzentrationen der Einzelstoffe werden summiert zur Toxizitätsequivalenz-Konzentration. In der folgenden Tabelle sind die TEF der 9 gemäss BAFU mindestens zu analysierenden PFAS aufgeführt.

AbkürzungStoffnameTEF
PFBAPerfluorbutansäure0.05
PFPeAPerfluorpentansäure0.05
PFHxAPerfluorhexansäure0.01
PFHpAPerfluorheptansäure1
PFOAPerfluoroctansäure1
PFNAPerfluornonansäure10
PFBSPerfluorbutansulfonsäure0.001
PFHxSPerfluorhexansulfonsäure0.6
PFOSPerfluoroctansulfonsäure2

Die Erfahrung zeigt, dass bei Belastungen neueren Datums zudem die Löschschaumprodukte "Capstone B", teilweise auch "Capstone A", relevante Schadstoffe sein können, welche zudem als Vorläufersubstanzen für weitere PFAS wie 6:2-Fluortelomersulfonsäure (6:2-FTS) fungieren. Bei der Planung von Untersuchungen sind diese Substanzen und bei Verdacht auch Weitere zu berücksichtigen. Gegebenenfalls sind entsprechende TEF herzuleiten.

Für eine chemische Risikobewertung von Oberflächengewässer hat das Ökotoxzentrum des Wasserforschungsinstituts Eawag und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) ein Qualitätskriterium für PFOS von 2 ng/L vorgeschlagen.

Mobilität von PFAS in Boden und Untergrund

In der Altlastenbearbeitung ist Grundwasser das am häufigsten betroffene Schutzgut. Zur Gefährdungsabschätzung ist die Mobilität der einzelnen PFAS von Bedeutung. Für die häufigsten PFAS (Perfluorkarbonsäuren und Perfluorsulfonsäuren) ist, vor allem bei Untergrundmaterial mit geringen organischen Gehalten, sowohl die Sorption in organisches Material als auch die an mineralischen Oberflächen zu berücksichtigen. Die AfU hat zur Schätzung von Feststoff/Wasser-Verteilungskoeffizienten Kd eine Studie (Goss, K.-U., 2023, Beurteilungsgrundlagen für die Gefährdungsabschätzung bei Grundwasserbelastung durch PFAS, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ, Leipzig, Deutschland, im Auftrag der Abteilung für Umwelt des Kantons Aargau, Schweiz) in Auftrag gegeben; demgemäss können Kd für einzelne PFAS wie folgt abgeschätzt werden:

Kd[L/kg] = foc [kg/kg] * Koc [L/kg] + fmin [kg/kg] * Kmin [L/kg]

foc = Anteil organischer Kohlenstoff
fmin = Anteil Feinmaterial (Silt- und Tongehalt)
Koc = Verteilungskoeffizient zw. organischem Kohlenstoff und Wasser
Kmin = Verteilungskoeffizient zw. mineralischen Oberflächen und Wasser

Für die einzelnen PFAS sind Koc und Kmin im unten verlinkten Studienbericht angegeben; fehlende Koc und Kmin können durch Interpolation hergeleitet werden.

Beurteilungsgrundlagen für die Gefährdungsabschätzung bei Grundwasserbelastung durch PFAS (PDF, 12 Seiten, 402 KB)

Beispiel Berechnung Feststoff/Wasser-Verteilungskoeffizient Kd für PFOS

Für die Berechnung eines Kd für PFOS gemäss der obenstehenden Gleichung kann aus der Tabelle 2 der oben verlinkten Studie der Koc = 609 L/kg und Kmin = 9.4 L/kg herausgelesen werden. Weiter sind Werte für foc und fmin für den zu untersuchenden Boden bzw. Untergrund zu ermitteln. Wir wählen in diesem Beispiel für den Boden: foc = 0.02 kg/kg (2%), fmin = 0.2 kg/kg (20%); für den Untergrund: foc = 0.001 kg/kg (0.1%), fmin = 0.1 kg/kg (10%).

Kd Boden = 0.02 kg/kg * 609 L/kg + 0.2 kg/kg * 9.4 L/kg = 14 L/kg

Kd Untergrund = 0.001 kg/kg * 609 L/kg + 0.1 kg/kg * 9.4 L/kg = 1.6 L/kg

Aus dem Resultat ist ersichtlich, dass die Sorption von PFOS im Boden (grössere Anteile an organischem Kohlenstoff und Feinmaterial) bedeutend stärker ist als an Untergrundmaterial (wenig organischer Kohlenstoff und Feinmaterial). Es ist somit zu erwarten, dass in der Umwelt bei gleichen Feststoffkonzentrationen in Untergrund und Boden aus dem Untergrundmaterial deutlich höhere PFOS-Sickerwasserkonzentrationen resultieren als aus dem Boden.

Vorgehen bei Verdacht auf PFAS

Weitere Grundlagen zu PFAS im Altlastenvollzug, insbesondere den Expertenbericht "Entscheidungsgrundlagen für den Vollzug bei PFAS-belasteten Standorten in der Schweiz", bietet die entsprechende Website des BAFU.

Wir bitten alle Massnahmenpflichtigen und Fachbüros im Umgang mit PFAS bei belasteten Standorten frühzeitig mit dem Fachbereich Altlasten der AfU Kontakt aufzunehmen, zum Beispiel per E-Mail: altlasten@ag.ch . Wir beraten Sie gerne.