Über ein Erlebnis sprechen, das erst noch kommt – Podcast als Vermittlungsformat vor dem Theaterbesuch

Eine Rutschbahn ins Theatererlebnis

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Mein erster Theaterbesuch als Kind führte in ein Schuhgeschäft. Ich wusste nicht, was mich dort erwarten würde und was so ein "Theater" ist. Dafür wusste ich umso genauer, wie ich da hinkommen würde. In den Theaterraum im Untergeschoss des Schuhgeschäftes – so versprach das Stadtgerücht – gelangten wir Kinder nämlich über eine Rutschbahn.

Der Hörraum und die Fantasie

Der Theaterraum hat eine ganz eigene Magie. Die Herausforderung der Vermittlung im Vorfeld des Theaterbesuchs ist, dass die Kinder dabei eben noch nicht im Theater sind. Deshalb kann der Podcast als Hörmedium seine Stärken ausspielen und dem Abstrakten etwas Konkretes entgegensetzen: Ohne grosse Umschweife rutschen wir beim Hören akustisch in die Realität des Theaters rein und bieten damit eine kleine aber wesentliche Hilfestellung für die Fantasie der Kinder und Jugendlichen. Über das Zuhören und Erzähltbekommen können sie sich besonders schnell in Situationen hineindenken und sich in fremde Realitäten "hineinvergessen". Sie kennen diesen Sog vermutlich schon von der Hörspielkassette oder der Toniebox.

...ich darf beschreiben, fragen, zeigen und die Klassen sinnlich auf den Theaterbesuch vorbereiten.

Podcast als sinnliche Annäherung

Ein Podcast hat alle Möglichkeiten des Erzählens aus Hörspiel und Radiojournalismus: Für die Stückeinführungen habe ich Gespräche geführt und geschnitten, Moderationen aufgenommen, ich blende Ausschnitte aus dem Theaterstück ein oder webe die Theatermusik in die Montage ein. Anders als im Kulturjournalismus für Erwachsene muss ich keine Erwartungen an das Format erfüllen: Ich muss nicht über die intellektuellen Absichtserklärungen der Kulturschaffenden sprechen oder die Qualität der Inszenierung bewerten, sondern ich darf beschreiben, fragen, zeigen und die Klassen sinnlich auf den Theaterbesuch vorbereiten. Dabei thematisiere ich das atmosphärische Drumherum des "sozialen Raums Theater" genauso wie das Geschehen auf der Bühne und die Vorfreude auf das baldige Erlebnis.

Der Podcast ist nicht das Pendant zum Theaterstück, sondern er schafft einen eigenen akustischen Hörraum.

Die Schauspielerin spricht über ihre Figur

Ich spreche jeweils mit einer Performerin oder einem Performer des Theaterstücks. Diese Person erzählt dann von ihrer Figur, von ihren Lieblingsmomenten und je nach Stufe auch von der Arbeit des Schauspiels oder den Gedanken der Performerin oder des Performers, die hinter der Figur steckt. Der Podcast ist nicht das Pendant zum Theaterstück, sondern er schafft einen eigenen akustischen Hörraum, in welchem ich als Moderator eine Auseinandersetzung mit den Themen des Stücks und mit den Lebenswelten seiner Figuren anrege. Der poetische Raum des Theaterstücks kann darin anschwingen, ohne dass bereits die ganze inhaltliche Auseinandersetzung verdampft. So wird der Podcast als Stückeinführung vor dem Theaterbesuch zu einer Art Rutschbahn oder Schuhlöffel rein ins Theater.

Text: Pascal Nater