Hammerschmiede Seengen
Die Hammerschmiede Seengen ist der einzige noch existierende Gewerbebetrieb seiner Art im Kanton Aargau. Schon vor 160 Jahren wurden hier, nur mit Wasserkraft betrieben, Aargauer Pflüge hergestellt. Aufgrund ihres grossen industriehistorischen Werts wurde die Hammerschmiede 2016 unter kantonalen Denkmalschutz und unter Bundesschutz gestellt.
Die heute wieder funktionstüchtige, mit Wasserkraft angetriebene Hammerschmiede von Seengen steht im Oberdorf in einer Bachsenke. Auf der Michaeliskarte von 1837/43 sind zwei etwas weiter bachabwärts gelegene Gebäude bereits mit einem Wasserradsymbol versehen, nämlich die Ölmühle (später Wagnerei und Stielfabrik an der Bergstrasse 2) und eine mechanische Werkstätte (später Kundenmühle). In der 1837 in Betrieb genommenen Hammerschmiede stellte Meister Jakob Fuchs unter anderem schwere Klöppel für Kirchenglocken her, auch für die bekannte Aarauer Glockengiesserei Rüetschi.
In die Hammerschmiede wurden fünf Hämmer eingebaut, die sorgsam restauriert heute wieder über Wasserrad und Wellbaum per Wasserkraft angetrieben werden.
Am 28. Mai 1861 wurde die Konzession erneuert. Die in zwei Weihern gesammelte und den beiden Wasserrädern zufliessende mittlere Wassermenge beträgt 0.040 m³/s und entspricht beim oberen Rad mit einer Fallhöhe von 4.38 m einer mittleren Wasserkraft von 2.33 PS, beim unteren Rad mit einer Fallhöhe von 4.71 m einer mittleren Wasserkraft von 2.51 PS. Der legendäre Aargauer Pflug mit dem Holzgrendel wurde ab 1874 hier hergestellt und ab 1899 produzierte man den ersten Selbsthalter, den sogenannten "Fuchs-Pflug", der in der ganzen Schweiz bekannt war. Ungefähr 12 Personen arbeiteten damals in der Schmiede, wo bis in die 1880er Jahre auch Pferde beschlagen wurden.
Wasserantrieb
Oberhalb der Schmiede sind am Dorfbach von Seengen zwei Weiher angelegt. Das Wasser vom oberen Weiher wird durch einen Kännel auf das Wasserrad im Balghaus geleitet. Vom unteren Weiher aus wird das Wasserrad für das Hammerwerk angetrieben.
Das Wasserrad der Hammerschmiede hat einen Durchmesser von vier Metern. Für die Inbetriebnahme der Schmiedeeinrichtung wird der Wasserschieber oberhalb des Gebäudes geöffnet und das mächtige Wasserrad beginnt sich langsam zu drehen. Es treibt den riesigen Wellbaum an und die heute wieder fünf Hämmer beginnen daraufhin machtvoll zu schlagen. In der Esse (Feuerstelle) wird vorgängig das Eisen auf über 1000 Grad erhitzt.
Wie alle bestehenden Wasserrechtskonzessionen wurde jene der Seenger Hammerschmiede 1861 überprüft und erneuert. 1895 erhielt man bei der Konzessionserneuerung der von zwei Wasserrädern betriebenen ehehaften Werke fest: "Im Balghäusle sind am oberen Rade 2 Blasbälge, 1 Schleifstein, 1 Drehbank und 1 Obstmühle. In der Hammerschmiede am unteren Rad sind 3 grosse und 2 kleinere Schwanzhämmer." Die altehrwürdige mechanische Schmiedewerkstätte gehört heute zur R. Sandmeier AG Landmaschinen. Der vor ein paar Jahren gegründete "Verein Hammerschmiede Seengen" begleitet und koordiniert die Restaurierung der gesamten Anlage auf eindrückliche Weise.
Das Werkstattgebäude ist ein zweigeschossiger Mauerbau unter einem flachgeneigten Kniestock-Satteldach. Der Wasserradantrieb ist stirnseitig in einem Pultdachanbau untergebracht. In jüngerer Zeit kam an der Vorderfront der Werkstatt ein einstöckiger Flachdachanbau hinzu, vermutlich um einen genügend grossen, geschützten Werkplatz zu erhalten.