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Forschung & Publikationen

Der Münzschatz von Ueken

Blick auf die frisch gereinigten römischen Münzen.

Per Zufall entdeckt ein Landwirt in Ueken bei Frick einen der grössten Münzschätze der Schweiz. Die über 4'000 Münzen aus der Römerzeit sind aussergewöhnlich gut erhalten. Sie müssen schon kurz nach der Prägung aus dem Verkehr gezogen und vergraben worden sein.

Ein Landwirt macht in seiner Kirschbaumplantage in Ueken einen spektakulären Fund: Er entdeckt auf einem Maulwurfshügel einige grün schimmernde Münzen. Weil im nahegelegenen Frick wenige Monate zuvor Teile einer römischen Siedlung ausgegraben wurden, vermutet die Familie, dass es sich um römische Münzen handeln könnte.

Gemäss den gesetzlichen Vorschriften gehören archäologische Bodenfunde der Allgemeinheit. Entsprechend macht man das einzig Richtige und wendet sich an die Kantonsarchäologie Aargau. Die Vermutung bestätigt sich: Die aussergewöhnlich gut erhaltenen, fast prägefrischen Münzen sind tatsächlich römisch.

Die Kantonsarchäologie inspiziert die Fundstelle und sichert sie. Unterstützt wird sie dabei von freiwilligen Bodenforschern. Unter strenger Geheimhaltung erfolgt im September und Oktober 2015 eine Ausgrabung.

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Die Entdeckung

© Kantonsarchäologie Aargau: Die ersten Münzen des Schatzes.

Bei der Grabung bergen Archäologen einen Hort von über 4000 Münzen aus der Zeit zwischen 260 und 293 nach Christus. An dieser Stelle im Baumgarten verlegt man bereits in den 1970er-Jahren eine Sickerleitung. Erstaunlicherweise bleibt der Münzschatz dabei unentdeckt und der Bagger vergräbt ihn wieder. Trotz dieser Umlagerung liegen rund 1600 Münzen in einem kompakten Block im Boden, der Rest des Schatzes ist verstreut.

Der Fundort

Karte von Frick und Umgebung in römischer Zeit.
Karte von Frick und Umgebung in römischer Zeit. Karte Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Der Fundort liegt auf einer Hochebene bei Ueken, rund 130 Meter über dem Dorf. In etwa 300 Meter Entfernung fanden sich römische Ziegel und auf dem Luftbild ist ein rechteckiges Gebäude unbestimmter Zeitstellung zu sehen. Im Talgrund führen wichtige römische Strassen vorbei, einerseits jene von Augusta Raurica nach Vindonissa über den Bözberg, andererseits über die Staffelegg ins Aaretal. In nächster Nähe, beim heutigen Frick, liegt ein römisches Strassendorf; weitere römische Fundstellen befinden sich in Gipf-Oberfrick, Wittnau und Wölflinswil.

Warum der Besitzer seinen Münzhort an dieser Stelle versteckt hat, weiss man nicht. In römischer Zeit ist es jedoch durchaus üblich, Wertsachen in einem Versteck aufzubewahren, gibt es doch damals keine Banken im heutigen Sinn.

Die Restaurierung

Fachleute restaurieren die Münzen des Schatzes.
Fachleute restaurieren die Münzen des Schatzes. Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Zusammen mit dem Münzschatz werden auch Scherben eines Kruges geborgen. Spuren von Metall auf der Innenseite belegen eindeutig, dass mindestens ein Teil des Hortes darin versteckt war. Die Anordnung der Münzen in der Erde weist zudem darauf hin, dass einige davon auch in Gebinden oder Beuteln aus Stoff oder Leder vergraben waren.

Die über 4000 Antoninane aus dem Schatz von Ueken müssen von den Restauratorinnen und Restauratoren sorgfältig gereinigt und freigelegt werden, um Name und Porträt des Kaisers, Münzstättenzeichen und Rückseitenbild sichtbar zu machen. Als grosse Schwierigkeit erweist sich dabei, dass die Korrosion der Kupferlegierung viel härter ist als das Silber an der Münzoberfläche. Sie muss mit dem Skalpell entfernt werden, ohne die dünne Silberschicht zu beschädigen.

Was ist der Schatz wert?

Münzen dicht an dicht gepackt in der Erde.
Mindestens ein Teil der Münzen wurde offenbar in Säcken aus Stoff oder Leder in der Erde vergraben. Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Die gut 4000 Antoniniane aus dem Münzschatz von Ueken haben ein eindrückliches Gesamtgewicht von etwa 16 Kilogramm.

Der damalige Wert des Schatzes ist aufgrund der unruhigen Zeiten und der Inflation im späten 3. Jahrhundert schwierig, exakt zu beziffern. Er entspricht umgerechnet etwa zehn römischen Goldmünzen (aurei). Ein kleines Vermögen also, vermutlich etwas weniger als der Jahressold eines Legionärs.

Von der Menge her gehört der Hort von Ueken zu den grössten je in der Schweiz entdeckten Schatzfunden, und dient den Münzspezialisten als umfangreiche Quelle. Der Münzschatz von Ueken ist also vor allem von grossem wissenschaftlichem Wert.

Woher stammen die Münzen?

Karte mit den Münzstätten.
Die Prägestätten der Münzen aus Ueken. Karte Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Im späten 3. Jahrhundert gibt es verschiedene Münzprägestätten, die über das ganze römische Reich verteilt sind. So sind die Transportwege kürzer, wenn zum Beispiel den überall im Reich stationierten Truppen der Sold ausbezahlt werden muss.

Im Münzschatz von Ueken sind bisher Antoniniane aus acht dieser Prägestätten nachgewiesen: Sie kommen aus der Türkei, Bulgarien, Italien, Kroatien und Frankreich in unsere Gegend, welche damals zur römischen Provinz Germanias Superior (Obergermanien) gehört.

Die Verteilung entspricht einem typischen Ausschnitt aus dem regionalen Geldumlauf. Die stark vertretenen Münzstätten Roma und Ticinum sowie diejenigen im Osten lassen jedoch eine gewisse Nähe zum Militär vermuten. Hier sind weitere Forschungen nötig, um eine sichere Aussage machen zu können.

Silbermünzen im 3. Jahrhundert

Münzen des 3. Jahrhunderts nach Christus.
Münzen des 3. Jahrhunderts n. Chr. Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

400 Jahre lang war der Denar die römische Silbermünze, im Verlauf des 3. Jahrhunderts verschwindet sie jedoch. In dieser unruhigen Zeit wird der von Kaiser Caracalla 215 eingeführte Antoninian, ein Doppel-Denar, zur wichtigsten Silbermünze. Allerdings wird er über die Jahre relativ schnell kleiner und leichter. Auch der Silberanteil geht stark zurück: Bei seiner Einführung ist der Antoninian 5,1 Gramm schwer und besteht zu 50% aus Silber, fünfzig Jahre später beträgt sein Gewicht nur noch 1,5 bis 3 Gramm und er enthält praktisch kein Silber mehr.

Auf den rapiden Verfall der Silberwährung reagiert Kaiser Aurelianus, indem er ab 274 rund 4 Gramm schwere Antoniniane prägen lässt. Ihr Silberanteil beträgt zwar nur 5%, das ist aber wesentlich mehr als bei den zuvor geprägten Antoninianen. Diese Reform bringt jedoch nicht die erwünschte Verbesserung. Die vergleichsweise wertvollen Münzen verschwinden bald aus dem Geldumlauf, da sie – wie der Schatz von Ueken zeigt – gerne gehortet werden. Im Jahr 294 n. Chr. bringt die Reform des Kaisers Diocletianus das Ende der Antoninianprägung. Kein Zufall, dass der Münzhort von Ueken just in diesem Zeitraum versteckt wurde!

Die Münzreform von 1968

Ein silberner Franken von 1967.

1967 steigt der Silberpreis so stark, dass es sich lohnt, Silbermünzen einzuschmelzen. Das 50-Rappen-Stück zum Beispiel hat im März 1968 einen Silberwert von 73 Rappen. Weil diese Silbermünzen aus dem Verkehr gezogen werden, kommt es in der Schweiz zu einem Mangel an Zwei-, Ein- und Halbfrankenstücken. Deshalb werden sie daraufhin aus einer Kupfer-Nickel-Legierung hergestellt. Diese neuen Münzen kommen ab dem 10. Mai 1968 in Umlauf und bereiten der Münzkrise ein Ende.

Für den Staat ist diese Änderung gewinnbringend, denn die Materialkosten reduzieren sich massiv. So kostet die Produktion eines 50-Rappen-Stücks nur noch 4 Rappen!

Ausstellung

Vitrine mit dem Münzschatz im Vindonissa Museum.
Der Münzschatz von Ueken in der Vitrine AKTUELL im Vindonissa Museum in Brugg. Foto Kantonsarchäologie Aargau, © Kanton Aargau

Knapp ein Jahr nach dem Fund des Münzschatzes war dieser für die Öffentlichkeit in einer kleinen Ausstellung in der Vitrine Aktuell von November 2016 bis September 2017 im Vindonissa Museum zu sehen. An der Vernissage überreichte der damalige Regierungsrat Alex Hürzeler dem Finder einen Finderlohn von 5000 Franken − stilgerecht in einem römisch anmutenden Lederbeutel mit lauter Fünflibern.