Stadtwald Baden: Fernziel Urwald
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Weitere Etappe im aargauischen Waldnaturschutzprogramm
Im Gebiet Teufelskeller im Stadtwald von Baden werden 70 Hektaren Wald der Natur überlassen. Die Ortsbürgergemeinde Baden und der Kanton haben eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen. Regierungsrat Dr. Ulrich Siegrist und Stadtammann Josef Bürge haben am Donnerstag über Ziele und Konzept orientiert.
Das neue Waldreservat ist das bisher grösste im Aargau und gehört auch gesamtschweizerisch zu den bedeutendsten. Vor allem handelt es sich dabei um sehr ertragsreichen Wald, auf welchem also auch guter Wirtschaftswald möglich ist. Es ist aber wichtig, dass auch in solchen Waldungen des Mittellandes mit den spezifischen Waldstrukturen Naturschutzgebiete geschaffen werden. Waldreservate in solch wüchsigen Gebieten gibt es in der Schweiz bisher nur wenige. Zudem liegt das Waldreservat unmittelbar vor den Toren der Stadt Baden und damit im Nahfeld eines dichten Siedlungsgebietes. Das Kerngebiet von 15 Hektaren ist bereits seit 1987 als Reservat ausgeschieden.
Das Ziel ist nicht ein hermetisch abgeschlossenes Totalreservat, zu welchem den Menschen jeder Zugang versagt bleibt. Vielmehr soll das Waldgebiet von der Stadt Baden auch für die Umweltbildung genutzt werden. Hingegen soll der Wald von Eingriffen verschont bleiben. Für Fachleute, für interessierte Laien und für alle aufmerksamen Waldbenutzer wird es spannend und interessant, die Entwicklung des Waldstückes in den nächsten Jahrzehnten zu verfolgen. Namentlich wird von Interesse sein, wie dieser bisherige Wirtschaftswald mit hochwertiger Holzproduktion sich ohne nutzenden und gestaltenden Eingriff verändern wird.
Bis die Badener Bevölkerung echte Urwaldriesen bestaunen kann, wird es allerdings lange dauern. Die ältesten Bäume, die wir heute antreffen, sind mit ihren 160 bis 180 Jahren noch recht junge Gesellen. Sie können zwei- bis dreimal so alt werden. Dann sollen sie in einem natürlichen Prozess absterben und neuen Bäumchen Platz machen. Der Zyklus von Leben und Vergehen wird über Generationen hinweg in diesem grossflächigen Refugium gesichert.
Das Waldreservat von Baden ist ein wichtiger Beitrag zum "Naturschutzprogramm Wald", welches vom Finanzdepartement im Jahre 1996 vorgelegt und vom Grossen Rat gutgeheissen wurde. Dieses Naturschutzprogramm bildet eine wichtige Ergänzung zum neuen Waldgesetz. Das aargauische Konzept sieht vor, dass grundsätzlich auf der ganzen Waldfläche die Grundsätze des naturnahen Waldbaus realisiert werden, und dass auf etwa 20 Prozent von besonders ausgeschiedenen Waldflächen noch zusätzliche Massnahmen zu Gunsten des Naturschutzes getroffen werden. Eigentliche Reservatsgebiete, welche der Holznutzung vollumfänglich entzogen sind, sollen auf etwa 7 Prozent der Waldfläche errichtet werden.
Mit dieser Politik werden langfristig Naturwerte geschaffen, welche weit über das hinausgehen, was mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und mit der naturnahen Waldbewirtschaftung oder mit pflegenden Naturschutzmassnahmen allein erreicht werden kann. Viele Tier- und Pflanzenarten brauchen nämlich als Lebensraum die uralten Pflanzen und Waldstrukturen, wo natürliche Zerfalls- und Erneuerungsprozesse von menschlichen Eingriffen ungestört ablaufen können.