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Prägte Kaiser Tiberius Münzen in Vindonissa? :
Sensationeller Fund in Windisch

Bei der Ausgrabung Römerblick in Windisch kam unter einer Offiziersvilla ein Fachwerkbau mit original erhaltenen Holzwänden und Bretterböden zum Vorschein. Zudem wurden zwei schwere Eisenstäbe gefunden, in die Münzbilder eingraviert sind. Es handelt sich um die weltweit ersten offiziellen Münzstempel, die aus römischer Zeit überliefert sind. Sie belegen, dass man in Vindonissa Münzen für den Sold der Legionäre geprägt hat.

Wegen dem Bau eines Mehrfamilienhauses führt die Kantonsarchäologie Aargau an der Dorfstrasse in Windisch seit mehreren Monaten eine archäologische Ausgrabung durch. Im Februar 2004 wurden auf dieser Grabung Römerblick überraschend hervorragend erhaltene Teile von römischen Holzbauten entdeckt. In einer zweiwöchigen Rettungsaktion wurden die wissenschaftlich wertvollen Informationen dokumentiert, bevor die römischen Bauzeugen den Betonwänden des Neubaus weichen mussten.Holzbauten ermöglichen eine genaue Datierung
Auf einer Fläche von knapp zehn Quadratmetern konnte erstmalig in Vindonissa die römische Holzbautechnik an original erhaltenen Bauten untersucht werden. In dem seit 2000 Jahren ständig durchnässten Bodenmilieu im sogenannten "Keltengraben" waren die aus Pfosten und Flechtwerk konstruierten Wände bestens konserviert. Als bevorzugtes Baumaterial verwendeten die römischen Baumeister die besonders gut haltbare Eiche, teilweise wurde auch Tannenholz verwendet. Mithilfe der Jahrringdatierung, die in einem spezialisierten Labor der Stadtarchäologie Zürich durchgeführt wurde, konnte festgestellt werden, dass die Stämme für den Bau des Holzgebäudes im Herbst/Winter 23/24 n. Chr. geschlagen worden sind. Dieses unerwartet frühe Baudatum liefert für die zukünftige Rekonstruktion der Geschichte des Legionslagers einen sehr wichtigen Anhaltspunkt.
Zwei Prägestempel für Edelmetallmünzen
In der Schuttschicht der offenbar abgebrannten Holzbauten konnten zwei stabförmige Objekte geborgen werden, die man aufgrund ihrer Bedeutung und Einzigartigkeit als echte Sensation bezeichnen kann. Bei der Entfernung der äusseren Rostschicht, stellte sich heraus, dass es sich um schwere Eisenstempel zum Prägen von Silber- und Goldmünzen handelt. Solche Funde sind äusserst selten. Da sie für den römischen Staat, der monopolartig Münzen prägen liess, sehr wertvoll waren, wurden sie normalerweise Ende der Gebrauchszeit zerstört. Aus der römischen Epoche sind nur 90 Stempel überliefert. Darunter befinden sich sehr wahrscheinlich zahlreiche antike Imitationen zum Prägen von Falschgeld. Die Stücke aus Vindonissa sind weltweit die einzigen Münzstempel, bei denen man aufgrund ihrer Fundlage innerhalb eines Legionslagers, auf eine offizielle Münzprägestätte schliessen kann. Vermutlich hat man die Silber- und wohl auch Goldmünzen in dem teilweise ausgegrabenen Fachwerkgebäude hergestellt.
Der Fund wirft ein völlig neues Licht auf die monetäre Versorgung der Armee und der römischen Wirtschaft mit neu geprägtem Geld. Offenbar haben die ersten römischen Kaiser nicht nur in Rom und Lyon, wo Standorte von Münzwerkstätten erwähnt sind, Geld hergestellt, sondern Münzen gleich dort geschlagen, wo die weitaus grösste Abnehmerschaft vorhanden war, nämlich in der römischen Armee.

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