Gesundheitskommission packt heikles Thema an
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Diskussion zum Thema Rationierung im Gesundheitswesen
Mit der Frage der Rationierung von medizinischen Leistungen im Gesundheitswesen (erschwerter Zugang oder Verweigerung) hat die grossrätliche Gesundheitskommission ein heisses Eisen angepackt. Drei Referate aus der Sicht einer Ethikerin, eines Gesundheitsökonomen und eines Mediziners lieferten wertvolle Einblicke in das heikle Thema.
Die Frage, wie die knapper werdenden finanziellen Mittel im Gesundheitswesen am sinnvollsten eingesetzt werden können und wem die Leistungen im Zweifelsfall zugute kommen, löst unter allen Beteiligten im schweizerischen Gesundheitswesen hitzige Diskussionen aus. Die grossrätliche Gesundheitskommission (GGK) will bewusst in diese wichtige Diskussion eingreifen. Auf ihre Initiative haben drei hochkarätige Referentinnen und Referenten einen Grundsatzvortrag gehalten.
Für die Ethikerin und Theologin Dr. Andrea Arz de Falco (Universität Fribourg) liegt ein entscheidender Denkansatz darin, dass die Gesundheit nicht eine Frage des persönlichen Verdienstes ist. Sie spielte beim Thema Rationierung von Leistungen auf den Solidaritätsgedanken an. Dies bedeute, ungleiche Voraussetzungen in finanzieller und gesundheitlicher Art auszugleichen und mehr Gerechtigkeit herzustellen.
Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Bernhard Güntert (Universität Bielefeld) plädierte dafür, das Thema Rationierung nicht nur den Profis im Gesundheitswesen zu überlassen. Er stellte die Frage, wer im Fall einer Rationierung entscheide, ob z.B. ältere Patienten aus Kostengründen noch eine Hüftprothese erhalten sollten oder nicht. Neben der Rationierung (Verweigerung von Leistungen) und der Rationalisierung (weitere Optimierung ohne Verweigerung von Leistungen) sieht Prof. Güntert auch einen dritten Weg. Dieser besteht darin, knappe Ressourcen so zu verteilen, dass der Gesamtnutzen des Systems erhöht wird.
Prof. Dr. Dieter Conen (Chef der Spitalleitung am Kantonsspital Aarau) zeigte den Weg von einem arztgerechten zu einem patientengerechten System mit genauen Richtlinien auf. Als Beispiel führte er das neue Modell mit genau bezeichneten Patientenbehandlungspfaden (>>mipp>) an.
Gesundheitsdirektor Ernst Hasler hielt fest, dass die Politik den medizinischen Leistungskatalog noch immer zu stark den Experten überlasse.
Mit der Lancierung der Diskussion um die Rationierung medizinischer Leistungen hat die grossrätliche Gesundheitskommission einen ersten Schritt für ein grundlegendes Überdenken der zukünftigen kantonalen Gesundheitspolitik getan. Die Diskussion soll jetzt weiter vertieft werden. Ziel ist eine verbesserte Transparenz als Basis für spätere politische Grundsatzentscheide. Vor allem aber wurde das Bewusstsein geschärft, dass im Gesundheitswesen nicht nur medizinische, sondern immer auch ethische und ökonomische Entscheide zu fällen sind. Die grossrätliche Gesundheitskommission ist sich bewusst, dass sie mit dem Thema "Rationierung im Gesundheitswesen" ein heisses Eisen angepackt hat. Dennoch darf das Thema laut GGK in der politischen Diskussion nicht länger ausgeklammert werden.