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Schutz vor Gewalt: Neue Massnahmen gegen häusliche Gewalt und Gewalt an Frauen :
Regierungsrat verabschiedet Massnahmenplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention

Der Regierungsrat hat 13 Massnahmen verabschiedet, um das Übereinkommens des Europarats zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt umzusetzen. Diese haben zum Ziel, Gewalt zu verhindern, Opfer von Gewalt wirkungsvoll zu schützen und Gewaltausübende zur Verantwortung zu ziehen. Damit setzt der Regierungsrat ein deutliches Zeichen, dass häusliche Gewalt und Gewalt an Frauen im Kanton Aargau nicht toleriert werden.

Jeden Tag interveniert die Polizei im Aargau rund sechs Mal wegen häuslicher Gewalt. Im vergangenen Jahr wurden 567 Strafanzeigen wegen Gewalt in Ehe, Partnerschaft oder Familie erstattet und es gab 2 vollendete und 5 versuchte Tötungsdelikte. Trotz der intensiven Arbeit von Polizei und anderen öffentlichen und privaten Stellen bleibt häusliche Gewalt ein gravierendes gesellschaftliches Phänomen, das nicht nur bei den Opfern und ihren Angehörigen grosses Leid verursacht, sondern auch hohe gesellschaftliche Folgekosten generiert.

Auch für den Aargauer Regierungsrat gilt: häusliche Gewalt ist keine Privatsache und kann in keinem Fall toleriert werden. Mit 13 Massnahmen will er häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen im Kanton Aargau weiter eindämmen. Alle Personen sollen besser vor Gewalt geschützt werden, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Der Plan konzentriert sich auf verschiedene Handlungsfelder, unter anderem Präventionsarbeit, Kinder als Betroffene oder Arbeit mit Gewaltausübenden. Die Umsetzung des Massnahmenplans startet in der zweiten Jahreshälfte 2022.

Das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) hat zusammen mit den Departementen Bildung, Kultur und Sport (BKS) und Gesundheit und Soziales (DGS) – entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten – sowie mit Fachpersonen eine Situationsanalyse vorgenommen und geeignete Massnahmen erarbeitet. Diese orientieren sich an der Roadmap von Bund und Kantonen vom 30. April 2021, welche die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, der sogenannten Istanbul-Konvention vorsieht.

Gewalt enttabuisieren mit Öffentlichkeitsarbeit und Weiterbildung

"Häusliche Gewalt ist keine Privatsache und darf nicht tabuisiert werden. Wir müssen sie sichtbar machen, um gegen sie vorgehen zu können", sagt Regierungsrat Dieter Egli, Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres. Der Aargauer Regierungsrat verstärkt deshalb die Öffentlichkeitsarbeit, um die Bevölkerung besser über die Themen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen zu informieren und zu sensibilisieren. Eine Webplattform mit Angeboten für Betroffene und Fachpersonen wird lanciert. Als weitere zentrale Massnahme ist vorgesehen, die Weiterbildung von Fachpersonen und ehrenamtlich Tätigen zu forcieren.

Ausserdem wird eine einheitliche und aussagekräftige Statistik zu aufgebaut. Die Ergebnisse dieser Statistik werden ab dem Jahr 2025 jährlich publiziert und dienen dazu, die beiden Phänomene häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen sichtbarer zu machen.

"Der Kanton hat bereits namhafte Anstrengungen unternommen" sagt Mirjam von Felten, Leiterin der Fachstelle Häusliche Gewalt (DVI). Zu nennen sind die Vernetzung der involvierten Behörden und Fachstellen im Rahmen der regierungsrätlichen Kommission, der Aufbau eines Bedrohungsmanagements sowie die Erweiterung polizeilicher Massnahmen. Zudem hat der Aargau fortschrittliche Modelle eingeführt. Dazu zählen die Schaffung der Anlaufstelle gegen häusliche Gewalt, das Präventionsprogramm Kinder mittendrin und die Finanzierung forensischer Untersuchungen, die über die Opferhilfe abgewickelt werden.

Eigenes Lernprogramm im Kanton Aargau

Der Kanton Aargau verstärkt mit dem Massnahmenplan auch die Arbeit mit gewaltausübenden Personen. Bereits seit 2009 haben gewaltausübende Personen die Möglichkeit, das Lernprogramm des Kantons Basel-Landschaft in Liestal oder eine Gewaltberatung bei der Anlaufstelle gegen häusliche Gewalt in Aarau zu absolvieren. Mit der Schaffung eines eigenen Angebots kann das Lernprogramm auch im Aargau besucht werden. Somit können die Behörden das Lernprogramm in Zukunft konsequenter anordnen.

Weiterentwicklung bestehender Massnahmen

Zudem hat der Regierungsrat beschlossen, bereits bestehende Massnahmen weiterzuführen oder zu erweitern. Für das Frauenhaus wird eine Bedarfsabklärung durchgeführt. Ebenso wird der Bedarf für einen Telefondienst und einen niederschwelligen Zugang zu einer Notunterkunft für gewaltbetroffene Kinde und Jugendliche abgeklärt. Die Prävention von weiblicher Genitalbeschneidung im Gesundheitswesen wird in den Leistungsvertrag des DGS mit der Fachstelle Sexuelle Gesundheit Aargau (SEGES) aufgenommen.

Ein Grossteil der Massnahmen wird über das bestehende Budget finanziert, wie beispielsweise das eigene Lernprogramm. Im Bereich Weiterbildung und zur Unterstützung der Fachstelle Häusliche Gewalt wird eine Projektstelle geschaffen.

Enge Zusammenarbeit ist gefordert

"Häusliche Gewalt ist vielschichtig und komplex", sagt Dieter Egli. Diverse Fachpersonen aus dem öffentlichen Bereich (Verwaltung, Gemeinden) und der Zivilgesellschaft (NGOs) waren an der Ausarbeitung der Massnahmen beteiligt. "Eine wirksame Bekämpfung gelingt nur, wenn alle Akteurinnen und Akteure gemeinsam und koordiniert vorgehen", so Egli weiter.

Umsetzung der Istanbul-Konvention bei den Kantonen

Seit dem 1. April 2018 ist die Istanbul-Konvention in der Schweiz in Kraft. Die Schweiz anerkennt damit die Dringlichkeit des Themas und die gesellschaftliche Verantwortung zur Prävention, zum Opferschutz und zur Strafverfolgung bezüglich häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen. Die Umsetzung erfolgt grösstenteils in den Kantonen.

Den Massnahmenplan des Kantons Aargau finden Sie unter www.ag.ch/häuslichegewalt.

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