Regierungsrat hält an Kinderbetreuungsgesetz fest
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Botschaft zur zweiten Beratung im Grossen Rat bereit
Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat das Kinderbetreuungsgesetz zur zweiten Beratung. Er hält dabei inhaltlich am Entwurf zur ersten Beratung fest, insbesondere an der Beteiligung der Gemeinden an den Betreuungskosten. Dies, um die positive Wirkung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die gesellschaftliche Integration nicht zu schmälern.
Der Grosse Rat hat die Aargauische Volksinitiative "Kinder und Eltern" für familienergänzende Betreuungsstrukturen am 25. August 2015 als gültig erklärt und zur Ablehnung empfohlen. Gleichzeitig hat er den Entwurf eines Gesetzes über die familienergänzende Kinderbetreuung (Kinderbetreuungsgesetz) in 1. Beratung mit 71 gegen 50 Stimmen gutgeheissen und dem Volksinitiativbegehren als direkter Gegenvorschlag gegenübergestellt.
Mitfinanzierung der Gemeinden
Im Vergleich zum Gegenvorschlag des Regierungsrats wurden vier Änderungen am Gesetzestext beschlossen. Die zentrale Änderung betrifft die Mitfinanzierung durch die Gemeinden. Der Entwurf des Regierungsrats sah vor, dass sich die Wohnsitzgemeinde unabhängig vom Betreuungsort nach Massgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten an den Kosten beteiligt. Der Grosse Rat hat diese Bestimmung abgeschwächt, indem er die verpflichtende Regelung durch eine "Kann"-Formulierung ersetzt hat. Gemäss Ergebnis der ersten Beratung ist es den Gemeinden freigestellt, ob sie sich an den Betreuungskosten beteiligen wollen. Eine positive Wirkung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Ausbildung beziehungsweise auf die gesellschaftliche Integration der Kinder kann damit nicht oder kaum noch erreicht werden.
Diverse Studien belegen, dass ein Gesetz, wie es der Grosse Rat in erster Beratung beschlossen hat,
- dem ungenügenden finanziellen Beteiligungsgrad der öffentlichen Hand nicht entgegenwirkt,
- keine positiven Erwerbsanreize schafft,
- dem Fachkräftemangel nicht entgegenwirkt,
- zu einer Standortverschlechterung des Kantons Aargau führt und
- keine Integrationswirkung entfaltet.
Der Regierungsrat erachtet ein so ausgestaltetes Gesetz als zu wenig wirkungsvoll und hält aus den genannten Gründen an einer verpflichtenden Regelung fest.
Der vorliegende Gesetzesentwurf entspricht deshalb inhaltlich dem Entwurf zur ersten Beratung. Der Regierungsrat erachtet die Verpflichtung der Gemeinden zur Kostenbeteiligung und jene, den Zugang zu einem bedarfsgerechten Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung sicherzustellen, als zentrale Eckpunkte. Würde der Gesetzesentwurf im Vergleich zum Ergebnis der ersten Beratung vom 25. August 2015 weiter abgeschwächt – beispielsweise durch eine nicht verpflichtende Formulierung – behält sich der Regierungsrat vor, dem Grossen Rat die Ablehnung des Gesetzes zu empfehlen. Ein solches Gesetz entspräche dem Status quo und würde zu keiner Verbesserung führen.
Zwei Initiativen und ein Gegenvorschlag
Die CVP Aargau hat am 25. März 2015 beschlossen, eine Volksinitiative für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu lancieren. Die Sammelfrist läuft bis 10. April 2016. Das Initiativbegehren ist in der Form einer ausgearbeiteten Vorlage und entspricht weitestgehend dem Text des Gegenvorschlags des Regierungsrats vom 24. September 2014 zur Volksinitiative "Kinder und Eltern" für familienergänzende Betreuungsstrukturen des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ALV). Über diese Initiative und den direkten Gegenvorschlag soll am 5. Juni 2016 abgestimmt werden. Sofern die CVP die Unterschriftenlisten bis Ende 2015 bei der Staatskanzlei einreicht, könnten alle drei Vorlagen gleichzeitig dem Volk unterbreitet werden. Kommt die CVP-Initiative bis zu diesem Zeitpunkt nicht zustande, bestünde alternativ die Möglichkeit, dass der ALV einwilligt, dass die beiden Initiativen (und somit auch der direkte Gegenvorschlag) zu einem späteren Zeitpunkt gleichzeitig zur Abstimmung gebracht werden (voraussichtlich Februar 2017).