INV-BEW901 Gasthof zum Rössli, 1800 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEW901
Signatur Archivplan:BEW901
Titel:Gasthof zum Rössli
Bezirk:Muri
Gemeinde:Beinwil (AG, Freiamt)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Beinwil, Mitteldorf
Adresse:Mitteldorf 7
Versicherungs-Nr.:184
Parzellen-Nr.:81
Koordinate E:2668675
Koordinate N:1231455

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1800
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof

Dokumentation

Inschriften:1807 (Buffet Gaststube); 1865 (Kachelofen Gaststube)
Würdigung:In unmittelbarer Nachbarschaft der Pfarrkirche (Kantonales Denkmalschutzobjekt BEW001) gelegene Tavernenwirtschaft zum Rössli, die als charakteristischer Freiämter Ständerbau aus der Zeit um 1800 – mit Steilgiebeldach, Krüppelwalmen und teilweise noch erhaltenen Klebdächern – in Erscheinung tritt. Das von Brettpilastern gefasste Holzschindelkleid wie auch das Sägezierwerk der Dachuntersicht kennzeichnen eine Umbauphase im ausgehenden 19. Jahrhundert. Das nach wie vor als Wirtshaus genutzte Gebäude hat die innere Raumstruktur mit Mittelgang und beidseits anschliessenden Wohn- und Gasträumen sowie wertvolle Teile der historischen Ausstattung bewahrt. Herzstück der getäferten Gaststube ist ein 1807 datiertes spätbarockes Buffet aus Nussbaumholz. Dank seiner Geschichte und seiner prominenten Lage im Dorfzentrum kommt dem Gasthof ein hoher Zeugenwert für die Gemeinde Beinwil zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss mündlicher Überlieferung soll in Beinwil eine Tavernenwirtschaft bereits im 17. Jh. bestanden haben. In einem Verzeichnis der Gaststätten um 1800 wird eine privilegierte Taverne "Weisses Ross" in Besitz von Josef Karli Büttler erwähnt, welcher als Etappenort für den Postkutschenverkehr und als Absteige für die Fuhrleute eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukam [1]. Zur Gastwirtschaft gehörte früher ein stattlicher Bauernbetrieb mit freistehender Scheune (abgebrochen).
Das bestehende, in der Art eines steilgiebligen Freiämterhauses errichtete Wirtshaus dürfte aus der Zeit um 1800 stammen. So könnte die Jahreszahl 1807 am Einbaubuffet in der Gaststube auf das Baudatum verweisen. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 wird das Gasthaus "Rössli" als "Wohnhaus von Stein und Holz mit gewölbtem und Tremkeller unter Ziegeldach", in den Händen der Familie Bütler, aufgeführt [2]. Eine Inschrift 1895 am Hauseingang dürfte sich auf eine bauliche Veränderung beziehen, bei der das Gebäude seine bestehende Fassadenverkleidung mit Rundschnittschindeln und verbretterten Eckpilastern und vermutlich auch das in der Art des Schweizer Holzstils gehaltene Sägezierwerk an der Dachtraufe erhielt. Wohl zur selben Zeit wurde an der östlichen Stirnfront eine offene Giebellaube mit schmiedeeisernem Geländer erstellt. Eine historische Fotoaufnahme aus dem frühen 20. Jh. zeigt den Gasthof inmitten einer lauschigen platzartigen Umgebung mit Bäumen, Dorfbrunnen und der damals noch als einfacher Fahrweg ausgebildeten Dorfstrasse (vgl. Fotodokumentation).
Gemäss Brandkataster wurde 1898 auf der Nordseite des Gasthauses ein Ökonomieanbau aus Fachwerk erstellt. Nur wenig später hat man diesen mittels Verbindungstrakt (Saalanbau) an das Hauptgebäude angegliedert. Während der Verbindungstrakt heute noch besteht, wurde der Ökonomiebau vor wenigen Jahren durch ein modernes Wohnhaus ersetzt. 2013 hat man die westlich des Gasthofs gelegene Scheune abgebrochen und durch ein Zweifamilienhaus ersetzt.
Beschreibung:Das Gasthaus "Rössli" befindet sich in zentraler Lage – mit Sichtdistanz zur Kirche – hart an der hinauf zum Lindenberg führenden Dorfstrasse. Der wuchtige, steilgieblige Baukörper orientiert sich mit seiner traufseitigen Eingangsfront zur Strasse und mit seiner stattlichen stirnseitigen Schaufassade nach Osten zum Unterdorf hin. Über einem niedrigen Mauersockel sind die zwei Vollgeschosse in Ständerbauweise aufgeführt und in regionaltypischer Bauweise mit runden Holzschindeln verkleidet. Mit Ausnahme des wohl nachträglich aufgemauerten westlichen Sockelgeschosses sind die Fassaden mit holzgerahmten Einzel- und Zwillingsfenstern in annähernd regelmässiger Verteilung besetzt. Die nach Osten gerichtete Gaststubenfront zeigt dabei eine streng axiale Gliederung mit rhythmisch angeordneten Einzelfenstern. Eine unterschiedliche Ausprägung zeigen die beiden Giebelfelder: Während das westliche noch zwei traditionelle Klebdächlein auf zierbeschnitzten Bügen aufweist, wurden diejenigen auf der Ostseite wohl anlässlich eines Umbaus von 1895 durch einen offenen Laubengang mit schmiedeeiserner Brüstung ersetzt. Aus dieser Zeit dürften auch die dekorativ ausgesägten Trauf- und Ortbretter stammen, welche für den damals beliebten Schweizer Holzstil charakteristisch sind. An der südöstlichen, durch einen verbretterten Eckpilaster optisch hervorgehobenen Gebäudeecke prangt ein farbig gefasstes schmiedeeisernes Wirtshausschild aus der Zeit um 1800.
Das im Grundriss annähernd quadratische Gebäude ist über einen quer zum First durchlaufenden Mittelgang erschlossen. Der südliche, strassenseitige Haupteingang wird von Korridorfensterchen begleitet und verfügt über einen rechteckigen Holzrahmen mit zierbeschnitzten Pilastern (Türflügel erneuert). Ein zweiter, untergeordneter Eingang mit flankierenden vergitterten Lichtern führt auf der Westseite direkt in die Küche. An diese schliessen in der Südwestecke eine privat genutzte Stube und in der Nordwestecke ein Zimmer an. Östlich des Mittelganges reihen sich drei untereinander verbundene Gasträume aneinander. Prunkstück der getäferten südöstlichen Gaststube ist ein barock geschweiftes Buffet aus Nussbaumholz mit eingelegter Jahreszahl 1807. Ein aus glatten grünen Füllkacheln bestehender Kastenofen mit hellem Fries datiert von 1865. Von einem älteren, nicht mehr existierenden Ofen des Boswiler Hafnermeisters Johann Heinrich Notter sind Kacheln von 1800 ins Schweizerische Landesmuseum gelangt [3].
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Kottmann 1960, S. 64.
[2] Beinwil Freiamt 1988, S. 86 (No 17); Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
[3] Abgebildet in Beinwil Freiamt 1988, S. 54. Vgl. auch Frei 1931, S. 132 und Abb. 43b,c.
Literatur:- Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt).
- Anton Kottmann, Etwas von den Wirtschaften im Freiamt zur Zeit der Helvetik, In: Unsere Heimat 1960, S. 51-69.
- Karl Frei, Zur Geschichte der aargauischen Keramik (Anzeiger für schweiz. Altertumskunde, Bd. 33, 1931).
- Georg Germann, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band V: Der Bezirk Muri, Basel 1967, S. 59.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 99.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 197 (Abb. 339), 432 (Abb. 778).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/1.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29940
 

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