INV-LEN913 Villa Angelrainstrasse 2, 1900 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
1/2

Identifikation

Signatur:INV-LEN913
Signatur Archivplan:LEN913
Titel:Villa Angelrainstrasse 2
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Angelrain
Hist. Name Objekt:Villa Zeiler, vormals Henckell
Adresse:Angelrainstrasse 2
Versicherungs-Nr.:733
Parzellen-Nr.:515
Koordinate E:2655562
Koordinate N:1248938

Chronologie

Entstehungszeitraum:1900
Grundlage Datierung:BrandkatasterBrandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Würdigung:Späthistoristische Turmvilla, die im Jahr 1900 für den „Hero“-Mitbegründer Gustav Henckell und seine Frau Emilie Zeiler erbaut wurde. Mit dem malerisch aufgelösten Baukörper, der bewegten Dachlandschaft und der charakteristisch verspielten Silhouette zeigt das Gebäude beliebte Gestaltungsmittel seiner Entstehungszeit. Es ist in der äusseren Erscheinung abgesehen von einem Liftanbau intakt erhalten. Mit ihrem Bezug zu der für die Lenzburg wichtigen Konservenfabrik „Hero“, die nach schwierigen Anfängen um 1900 ihre ersten wirtschaftlichen Erfolge verbuchen konnte, kommt der damals erbauten Fabrikantenvilla auch ein historischer Zeugenwert zu. Zusammen mit den nord- und südseitigen Nachbarhäusern (Bauinventarobjekte LEN914, 915, 923) bildet das Gebäude eine wertvolle Baugruppe aus insgesamt vier stattlichen Villen an der Angelrainstrasse, von denen die beiden nördlichen von den damaligen Direktoren der Hero errichtet wurden.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Villa wurde gemäss Angabe im Brandkataster im Jahr 1900 erbaut; Bauherrschaft waren der Hero-Gründer Gustav Henckell und seine Frau Emilie Zeiler, geb. Schauwecker [1]. Henckell (1859-1942) und sein Compagnon Gustav Adolf Zeiler, die sich aus ihrer Hannoveraner Schulzeit kannten und sich zufällig in der Schweiz begegnet waren, hatten die Konservenfabrik 1886 gegründet. Noch im selben Jahr trat Karl Roth in die Firma ein, die nach Zeilers frühem Tod 1889 unter dem Namen „Henckell & Roth“, ab 1898 als Aktiengesellschaft „Conservenfabrik Lenzburg“ firmierte und sich mit ihren Gebäuden auf einem wachsenden Areal nördlich des Bahndamms ausdehnte. 1910 wurde aus den Anfangsbuchstaben der beiden Familiennamen der Markenname „Hero“ abgeleitet [2]. Der Bau der Fabrikantenvilla fällt in die Zeit, als die Firma nach Anfangsschwierigkeiten ab den späten 1890er Jahren wirtschaftliche Erfolge verbuchen konnte; auch hatte Henckell 1897 die Witwe seines Mitgründers Zeiler geheiratet.
Ein neues Gartenportal an der Angelrainstrasse entstand vielleicht im Zusammenhang mit dem Bau der benachbarten Villa durch den damaligen Hero-Direktor Hans Wälli 1915. 2004 erfolgte der Anbau eines Wintergartens, 2013 ein Dachgeschossumbau mit Anbau eines aussenliegenden Lifts, wobei man auch eine nachträgliche Schindelverkleidung des Dachgeschosses wieder entfernte.
Beschreibung:Das Gebäude gehört zur Reihe von insgesamt vier stattlichen Villen (Bauinventarobjekte LEN913-915, 923), welche die quer von der von der Bahnhofstrasse nach Süden abzweigende Angelrainstrasse säumen und sich alle in grosszügigen Gärten mit altem Baumbestand erheben. Es handelt sich um einen verputzten Mauerbau in späthistorischen Formen, der mit seiner malerisch aufgelösten Gestalt für die Entstehungszeit charakteristisch ist. Die ineinander übergreifenden Baukuben, Risalite und der gegen Nordwesten in origineller Weise über Eck angeschobene Turm sorgen für eine entsprechend lebhafte Dachform, die vom steilen Pyramidendach des Turms beherrscht wird. Das oberste Turmgeschoss wie auch die meisten überhöhten Partien des Hauptbaukörpers sind in Sichtfachwerk erstellt. Die Fassaden sind mit Einzel- und Doppelfenstern in gotisierend gekehlten Sandsteingewänden besetzt.
Hauptschauseite ist die zur Angelrainstrasse gewandte Ostfassade, die neben dem Turm je hälftig von einem übergiebelten Risalit und von einer doppelgeschossigen hölzernen Laube eingenommen wird. Der von der Laube beschirmte ursprüngliche Haupteingang zeigt ein reich profiliertes Rechteckportal. Malerisch aufgelöst präsentiert sich insbesondere die Nordfassade, die am einen Ende vom Turm flankiert, am anderen über Eck von einem Sichtfachwerkaufbau überhöht wird (zwischenzeitlich mit Holzschindeln verrandet). Vor dieser Fassade erhebt sich seit einigen Jahren ein gläserner Liftturm, welcher das Dachgeschoss erschliesst. Symmetrisch ausgebildet ist die Südfassade, über der mittig ein Fachwerkgiebel mit Krüppelwalmdach aufragt (erdgeschossig ein jüngerer Wintergartenanbau). An der Westfassade liegt der ebenfalls stattlich angelegte Hintereingang, der über eine Freitreppe erreicht und von einem Vordach beschirmt wird. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt; die Turmspitze wird von einem Knauf bekrönt. Durch die Vegetation des Gartens ist die Villa heute nur beschränkt einsehbar; die Fassaden sind zu einem wesentlichen Teil mit Efeu überwachsen.
Das Innere zeigt eine eher ungewöhnliche Grundrisslösung. Der Erschliessung dient in den beiden Hauptgeschossen eine Treppenhalle, die im Erdgeschoss zusammen mit Vestibül und Küche die gesamte nördliche Gebäudehälfte einnimmt. Gegen Süden liegt auf beiden Geschossen je eine Flucht von drei Wohnräumen. Der vor allem auf die Aussenansicht berechnete Turm schliesst mit eher zufälligem Übergang schräg an die Treppenhalle an (Inneres nicht gesehen; Beschreibung nach Umbauplänen).
Der Garten besitzt eine wohl bauzeitliche Einfriedung mit einfachem eisernem Staketenzaun. Zur Angelrainstrasse öffnet sich ein markantes Portal aus der Zeit um 1910/20, das in seinen neobarocken Heimatstilformen mit der benachbarten Villa Wälli (Bauinventarobjekte LEN923) korrespondiert und aus einem geometrisch verzierten Tor sowie zwei wuchtigen Kunststeinpfosten samt Kugelaufsatz besteht.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Stadt Lenzburg. Inventar der kommunal schutzwürdigen Gebäude, 1997 (BNO 1997, Anhang 1, Inventarliste), Nr. 5.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
[2] Zu den Anfängen der Firma und zu Gustav Henckell vgl. Koellreuter / Lüpold / Schürch 2011, S. 14-24; Hanak 2009, S. 14-23.
Literatur:- Isabel Koellreuter / Martin Lüpold / Franziska Schürch, Hero - seit 1886 in aller Munde. Von der Konserve zum Convenience Food, Baden 2011, S. 22f.
- Michael Hanak, Architekturgeschichtliches Inventar Industrieareal Hero, Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2009 (Stadtbauamt Lenzburg), S. 23f.
- Liebes altes Lenzburg, Fotos von anno dazumal, hrsg. von der Ortsbürger-Kommission Lenzburg und der Stiftung Pro Museum Burghalde Lenzburg, Lenzburg 1986, S. 62 (histor. Aufnahme).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39384
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds