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22.2 Inkassohilfe

22.2.7 Gütliches Inkasso

Es wird empfohlen zu Beginn des Inkassoprozesses vorab gütliche Inkassomassnahmen zu ergreifen. In einem ersten Schritt wird hierbei versucht, den Schuldner ohne rechtliche Massnahmen zur Zahlung zu bewegen.

Das gütliche Inkasso basiert auf dem Grundsatz, wonach die unterhaltspflichtige Person ihre Zahlungsverpflichtung anerkennt und sich kooperativ zeigt. Durch die Möglichkeit, gemeinsam mit der unterhaltspflichtigen Person Lösungen zu finden, werden einerseits hohe Drittkosten sowie Verzugszinsen vermieden (Art. 102 i.V.m. Art. 104 OR). Andererseits wird die Beziehungsebene zwischen den beteiligten Personen nicht zusätzlich durch eine rechtliche Auseinandersetzung belastet.

22.2.7.1 Zahlungserinnerung (Mahnung)

Die Unterhaltsbeiträge sind in der Regel monatlich im Voraus zu bezahlen. Ist bis Ende des Vormonats kein Zahlungseingang erfolgt, befindet sich die unterhaltspflichtige Person bereits am 1. Tag des folgenden Monats in Verzug (Art. 102 Abs. 2 OR). Obwohl die unterhaltspflichtige Person sich automatisch in Verzug befindet und nicht zwangsläufig in Verzug gesetzt werden muss, empfiehlt es sich, die Forderung zu mahnen beziehungsweise der unterhaltspflichtigen Person eine Zahlungserinnerung zu senden. Diese Zahlungserinnerung kann zudem mit der Aufforderung ergänzt werden, sich zum Zwecke einer gütlichen Einigung bei der Gemeinde zu melden.

22.2.7.2 Zahlungsvereinbarung für laufende Unterhaltsverpflichtungen

Hierbei handelt es sich um eine einvernehmliche Reglung zwischen den Parteien. Die Zahlungs­vereinbarung setzt voraus, dass die unterhaltspflichtige Person (Schuldner/in) die Schulden anerkennt. Kann diese den vereinbarten Unterhaltsbetrag während eines gewissen Zeitraums nicht oder nur teilweise zahlen und ist die temporäre Zahlungsunfähigkeit belegt, sollte eine schriftliche Zahlungsvereinbarung oder Stundungsvereinbarung mit der unterhaltspflichtigen Person abgeschlossen werden.

In einer Zahlungsvereinbarung sind üblicherweise die folgenden Punkte festzuhalten:

  • Name der unterhaltspflichtigen Person (Schuldnerin / Schuldner)
  • Name der unterhaltsberechtigten Person (Gläubigerin / Gläubiger)
  • Bezeichnung des Gemeinwesens, wenn es sich um bevorschusste Unterhaltsbeiträge handelt (Legalzession)
  • Bezeichnung des Rechtstitels
  • Detaillierte Bezeichnung der Höhe und Art der Forderung (Unterhaltsbeiträge, Familienzulagen, Ehegattenalimente, Kosten, Zinsen)
  • Zeitspanne der ausstehenden Beträge
  • Höhe der monatlichen Rate sowie Zahlungsmodus
  • Folgen eines Zahlungsverzuges (sogenannte Verfallklausel bei Nichteinhalten der Vereinbarung, zum Beispiel: «…fällt diese Vereinbarung dahin und die ganze Restschuld wird fällig».)
  • Datum und Unterschrift der Parteien oder deren Bevollmächtigten

Erlauben es die finanziellen und die familiären Verhältnisse der unterhaltspflichtigen Person, so ist nicht nur für die laufenden Unterhaltsverpflichtungen, sondern auch für die Rückzahlung aufgelaufener Unterhaltsschulden eine Abzahlung beziehungsweise Rückzahlung zu vereinbaren. Eine solche Rückzahlungsvereinbarung kann auch frühzeitig im Hinblick auf die Verbesserung der finanziellen Verhältnisse abgeschlossen werden. Spätestens zum Zeitpunkt der Beendigung einer laufenden Unterhaltspflicht dürfte es der unterhaltspflichtigen Person mit verbesserten finanziellen Verhältnissen möglich sein, früher aufgelaufene Unterhaltsschulden ratenweise abzuzahlen.

22.2.7.3 Schuldanerkennung

Mit einer Schuldanerkennung (Art. 82 SchKG) bestätigt die unterhaltspflichtige Person, der unterhaltsberechtigten Person oder dem bevorschussenden Gemeinwesen etwas schuldig zu sein (Art. 135 Abs. 1 OR). Eine Schuldanerkennung dient in erster Linie der Unterbrechung der Verjährungsfristen. Dies insbesondere dann, wenn die unterhaltspflichtige Person zahlungsunfähig ist, und demnach sowohl eine Zahlungsvereinbarung als auch ein rechtliches Inkasso in der aktuellen Situation keinen Nutzen bringen.

Es gilt jedoch zu beachten, dass die Schuldanerkennung innerhalb von 10 Jahren verjährt (Art. 137 Abs. 2 OR).

Insbesondere folgende Angaben werden üblicherweise in der Schuldanerkennung festgehalten:

  • Name der unterhaltspflichtigen Person (Schuldner/in)
  • Name der unterhaltsberechtigten Person (Gläubiger/in)
  • Bezeichnung des Gemeinwesens, wenn es sich um bevorschusste Unterhaltsbeiträge handelt (Legalzession)
  • Bezeichnung des Rechtstitels
  • Detaillierte Bezeichnung der Höhe und Art der Forderung (Unterhaltsbeiträge, Familienzulagen, Ehegattenalimente, Kosten, Zinsen)
  • Zeitspanne der ausstehenden Beträge
  • Datum und Unterschrift der Parteien oder deren Bevollmächtigten

22.2.7.4 Lohnzession

Bei einer Lohnzession erlaubt die unterhaltspflichtige Person ihrer Arbeitgeberin / ihrem Arbeitgeber, die künftigen Unterhaltsbeiträge direkt vom Lohn abzuziehen – soweit dieser pfändbar ist – und der unterhaltsberechtigten Person auszuzahlen (Art. 325 Abs 1 OR). Mit der Lohnzession tritt die unterhaltspflichtige Person von ihrem Lohnanspruch gegenüber der Arbeitgeberin / dem Arbeitgeber monatlich einen Betrag an die unterhaltsberechtigte Person oder das bevorschussende Gemeinwesen ab. Die Zession kann in Höhe des gesamten oder eines Teils des geschuldeten Unterhaltsbeitrages erfolgen. Dabei gelten die Bestimmungen von Art. 164 ff. OR über die Abtretung von Forderungen. Wesentlich ist, dass die Zession nur in schriftlicher Form gültig ist und für den Arbeitgeber erst wirksam wird, wenn sie ihm angekündigt wurde (vgl. Art. 167 OR).

22.2.7.5 Schuldenerlass / Forderungsverzicht

Der Anspruch auf Unterhalt ist ein sogenanntes «höchstpersönliches» Recht und ist damit keiner Vertretung zugänglich. Für die Inkassohilfe bedeutet dies, dass einzig volljährige Kinder und Ehegatten rechtsgültig auf ihre Unterhaltsforderungen verzichten können, und dies nur mit eigenhändiger Unterschrift. Obwohl die zuständige Gemeinde über eine allgemeine Vertretungsvollmacht verfügt (vgl. Kapitel 22.2.3.1 Gesuch um Inkassohilfe), ist diese demnach nicht zum Schuldenerlass beziehungsweise zum Forderungsverzicht befugt.

Für Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes bedeutet dies, dass ein Forderungsverzicht nicht durch das Gemeinwesen, sondern nur durch die gesetzliche Vertretung erfolgen kann. Der gesetzliche Vertreter hat sich vom Interesse des Kindes leiten zu lassen. Ein in die Zukunft gerichteter Erlass von Kindesunterhaltsbeiträgen vor deren Fälligkeit ist nicht möglich. Wenn sich die Eltern einig darüber sind, dass die unterhaltspflichtige Person nicht mehr über die nötige Leistungsfähigkeit verfügt, um die festgelegten Unterhaltsbeiträge für das Kind zu finanzieren, so wäre eine entsprechend angepasste Vereinbarung wiederum behördlich zu genehmigen.