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Zukunft bauen – Geschichte weiterbauen

Verborgenes Juwel

Mit der Industrialisierung wurden traditionelle Mühlen zu Relikten einer vergangenen Zeit. Doch dank ihrer attraktiven Lage in Wassernähe haben die Gebäude heute Chancen auf eine Renaissance als Wohngebäude. So etwa die alte Mühle in Würenlos zwischen der Kirche und dem Furtbach. Seit 2016 gesellt sich dem sanierten Mühlengebäude ein zweites Wohngebäude hinzu – an der Stelle der alten Scheune. Grösse und Form des Anbaus sind gleich geblieben. Typische Elemente der Scheune wie beispielsweise die grossen Tore standen Pate für bauliche Details. Die Mühle und ihr Anbau sind das neue alte Juwel im Dorf.

Mühlescheune in Würenlos

Der prägende Charakter des Gebäudeensembles blieb erhalten. Das renovierte Mühlenhaus ist der Hauptbau, die neu gebaute Mühlescheune der untergeordnete Anbau geblieben.
Die Dachlandschaft aus traditionellen Biberschwanzziegeln – teils historischen, teils neuen – erzählt Geschichte.
Auf kleinem Grundriss muss der Innenraum effizient genutzt werden.
Die grossen, transparenten Schiebeläden sind nicht nur Sicht- und Sonnenschutz, sie bieten auch ein besonderes Licht- und Schattenspiel, tagsüber innen und abends aussen.

Schon die Dachlandschaft erzählt Geschichte. Die alten Biberschwanz-Dachziegel, wiederverwendet und hier und da mit neuen durchsetzt, machen sichtbar, dass die Mühle und ihr Anbau zusammen und auch in die historische Umgebung von Würenlos gehören. Doch während unter dem Mühlendach noch das Originalgebäude liegt, ist der Anbau neu.

Die Mühle, deren Geschichte sich bis ins Jahr 1422 zurückverfolgen lässt, wurde schon 1920 nach einer Bachkorrektion stillgelegt und später als Wohnhaus genutzt. Von 1972 bis 1977 wurde das denkmalgeschützte Gebäude saniert. Die zugehörige Scheune war zwar nicht formell geschützt, doch das Gebäudeensemble aus Hauptbau und Anbau war für den Dorfkern prägend. Beim Ersatz der Scheune durch ein Wohnhaus war daher Fingerspitzengefühl gefragt. Das Mühlenhaus sollte der Hauptbau, der Neubau der untergeordnete Anbau bleiben, darin waren sich die Beteiligten einig. Auch der Charakter und die Ausstrahlung der alten Scheune sollten erhalten bleiben – der Neubau sollte aber dennoch heutigen Wohnkomfort bieten.

Die denkmalgeschützte Mühle wurde saniert, die angebaute Scheune durch einen Wohnbau gleicher Grösse und Form ersetzt. Im Dorfbild treten die beiden Gebäude wie früher als Einheit in Erscheinung.

Diese Herausforderung lösten die Architektinnen und Architekten mit zwei strategischen Entscheidungen: Gebäudevolumen und -umriss wurden fast unverändert von der alten Scheune übernommen. Bei den Details dagegen übersetzte man gekonnt historische Elemente in eine zeitgemässe Architektursprache und integrierte prägende Merkmale der Bautypologie "Scheune" in den Neubau. So blieben zwei der alten Naturstein-Sockelmauern erhalten und wurden mit zwei neuen Mauern zum Sockelgeschoss ergänzt. Obergeschoss und Dachgeschoss sind als Holzelemente mit vertikaler Lattenverkleidung aufgesetzt. Die grossflächigen Fenster mit ihren halbtransparenten Schiebeläden erinnern an die Schiebetore traditioneller Scheunen und lassen doch viel Licht herein. Im Innern wurde der knappe Raum optimal genutzt. Einbauelemente schaffen Stauraum und die grossen Fenster ein Gefühl von Weite. Der geschlossene Charakter des Scheunengebäudes – eine Holzfassade mit wenigen, grossen Öffnungen auf einem steinernen Sockel – ist Würenlos erhalten geblieben. Doch dahinter verbirgt sich eine Überraschung: grosszügiger, lichtdurchfluteter Wohnraum.

Mühlescheune in Würenlos

Baujahr 1422 wird Mühle erstmals erwähnt
Nutzung Wohnhaus
Renovation Ersatzneubau 2016
Realisierung Lippuner Sabbadini Architekten, Zürich
Bauherrschaft Niklaus und Gertrud Sekinger

Mit den Baumaterialien unserer Zeit einen stimmigen Anbau für ein Gebäude aus dem Jahr 1422 zu entwickeln, ist eine Kunst. Die Architekten haben das grossartig hinbekommen. Leute von nah und fern bleiben stehen, fotografieren, stellen Fragen und gehen erfreut

Holz, ein Natursteinsockel und wenige, dafür grosse Öffnungen in der Fassade: Typische Elemente der Scheune wurden für das Wohngebäude überzeugend uminterpretiert.
Niklaus und Gertrud Sekinger Bauherrschaft