cirqu'Aarau – Festival für aktuelle Zirkuskunst
cirqu'Aarau – Theater & Tanz – 1. bis 9. Klasse, Sekundarstufe II

Im Juni 2023 findet das Aarauer Festival cirqu'9 statt. Auf dem Programm steht wiederum zeitgenössischer Zirkus in seiner ganzen Vielfalt; es wird ein breites Spektrum national und international renommierter Gastspiele zu sehen sein.
Zeitgenössischer Zirkus verlässt den traditionellen Rahmen des Genres und experimentiert nicht nur mit Körpern, sondern auch mit Objekten, Tönen, Technik und Worten.
Alle Stücke des Festivals sind für Schülerinnen und Schüler von 6 bis 18 Jahren gut geeignet. Lehrpersonen können sich für eine Auskunft und Beratung direkt an die Kontaktperson wenden.
Auswahl Programm 2023
Post uit Hessdalen (BE) – Man Strikes Back
Der Jongleur Stiin Grupping wirft Bälle auf klingende Oberflächen in Form von rampenartigen Türmen. Begleitet wird er vom Schlagzeuger Frederik Meulyzer. Die beiden Männer verlieren die Kontrolle, nachdem die Rampen lebendig werden, doch müssen sie einen Weg finden, um ihr Werk fortzusetzen.
Vorstellungen | Schulklassen haben die Möglichkeit, die regulären Vorstellungen während des Festivals zu besuchen (siehe Programm). |
---|---|
Ort | Stadtmuseum Aarau |
Zielgruppe | ab 6 Jahre |
Sprache | ohne Sprache |
Kosten / Dauer | Fr. 20.– (mit Impulskredit Fr. 10.–) / 50 Minuten |
Hinweis | an den regulären Vorstellungstagen können für Schulklassen exklusive Spezialvorstellungen am Vor- oder Nachmittag reserviert werden |
MMFF – Mathieu, Ma Fille Foundation (FR) – Dad is dead
Die beiden Akrobaten Arnaud Saury und Mathieu Despoise besprechen beim Kunstrad-Fahren die Lage der Welt. Zu ihren Gesprächsthemen zählen beispielsweise die Nachhaltigkeit von Bio-Bananen oder Probleme des modernen Individuums. Dazu zeigen sie verwegene artistische Kunststücke. Sie klettern und drehen sich, dies alles auf einem einzigen Fahrrad.
Vorstellungen | Schulklassen haben die Möglichkeit, die regulären Vorstellungen während des Festivals zu besuchen (siehe Programm). |
---|---|
Ort | Alte Reithalle, Aarau |
Zielgruppe | ab 12 Jahre |
Sprache | Französisch, Übertitelung auf Deutsch |
Kosten / Dauer | Fr. 20.– (mit Impulskredit Fr. 10.–) / 40 Minuten |
Cirque ici, Johann Le Guillerm (FR) – Terces
Als Hexenmeister mit langem grauem Mantel zeigt der Formenwandler Johann Le Guillerm seine mechanischen Werke: Maschinen und Konstruktionen, die sich meist auf unvorhersehbare Weise selbst bewegen. Durch seine Suche nach Zusammenhängen und möglichen Verwandlungen entwickeln sich beispielsweise Kunstwerke, die sich mit Wasserkraft vorwärtsbewegen oder Bücherstapel, die sich zu Rundbögen formen.
Vorstellungen | Schulklassen haben die Möglichkeit, die regulären Vorstellungen während des Festivals zu besuchen (siehe Programm). |
---|---|
Ort | Zeltproduktion im Schachen, Aarau |
Zielgruppe | ab 7 Jahre |
Sprache | Französisch, Übertitelung auf Deutsch |
Kosten / Dauer | Fr. 30.– (mit Impulskredit Fr. 15.–) / 1.5 Stunden |
Galapiat Cirque, Lucho Smit (FR) – L'âne & la carotte
Wie in der Geschichte, in der ein Esel versucht, eine Karotte zu erreichen, erging es dem Artisten Lucho Smit in seinen frühen Jahren. Voller Enthusiasmus und mit der ungebrochenen Motivation der Jugend vollbrachte er fröhlich der Karotte hinterher zirzensische Heldentaten. Im gereifteren Alter nun steigt er immer noch aufs Seil, aufs Trapez, aufs Hochrad und in den Löwenkäfig.
Vorstellungen | Schulklassen haben die Möglichkeit, die regulären Vorstellungen während des Festivals zu besuchen (siehe Programm). |
---|---|
Ort | Alte Reithalle, Aarau |
Zielgruppe | ab 6 Jahre |
Sprache | ohne Sprache |
Kosten / Dauer | Fr. 25.– (mit Impulskredit Fr. 12.50) / 75 Minuten |
Das Programm ist auf der Website von cirqu'Aarau aufgeschaltet.
Bezug zum Aargauer Lehrplan Volksschule:
Beim Besuch eines Festivals werden je nach Inszenierung und deren Inhalt unterschiedliche Kompetenzen abgedeckt. Das Angebot eignet sich zudem zur Stärkung der überfachlichen Kompetenzen und für die Bildung für Nachhaltige Entwicklung.
Ort | Bühne Aarau, Alte Reithalle und in der Stadt Aarau |
---|---|
Daten | 15. bis 25. Juni 2023, nach Vereinbarung |
Kosten / Dauer | Werden im Programm veröffentlicht |
Kontakt | Madlaina Bundi, Tel. 076 472 72 03, info@cirquaarau.ch |
Website | www.cirquaarau.ch |
Interview mit Roman Müller, Künstlerische Leitung
Körperliche Aktionen können tiefe Erinnerungen wecken und damit Erstaunliches auslösen.
Welche Schwerpunkte werden im diesjährigen Programm gesetzt? Auf welche Neuerungen und Besonderheiten können sich die Besucherinnen und Besucher freuen?
Eigentlich will ich das Festival thematisch nicht eingrenzen, sondern versuchen, Spezielles, Eigenwilliges und Überzeugendes zu finden und daraus ein kohärentes Programm zusammenzustellen. Dieses Jahr habe ich aber trotzdem einen Schwerpunkt gesetzt: Der Franzose Johann Le Guillerm, einer der herausragendsten und gleichzeitig einer der atypischsten Persönlichkeiten des Zeitgenössischen Zirkus, wird mit vier Produktionen zu sehen sein. Er arbeitet an den Grenzen des Genres und beweist, dass man Zirkus nicht auf bestimmte Geräte oder Disziplinen beschränken kann. Die Besonderheiten der diesjährigen Programmation sind ausserdem die speziellen Raumsituationen, die wir in der Alten Reithalle kreieren, und die unterschiedlichen Arbeiten im öffentlichen Raum.
Wie wird die Atmosphäre des Festivals durch die verschiedenen Schauplätze in Aarau geprägt?
Zum einen ist cirqu’ an verschieden Orten zuhause, in der Alten Reithalle, im Stadtmuseum, im Forum Schlossplatz und im Schachen. Diese Orte bieten eine ganz eigene, angenehme Atmosphäre.
Zum anderen findet cirqu’ mitten auf der Strasse statt: Aarau wird als Bühne genutzt. Das Festival wird Teil der Stadt und umgekehrt.
Ich finde, dass Georg Matter, der Leiter der Abteilung Kultur Kanton Aargau, die Stimmung des Festivals in seinem Gastwort im Programmheft sehr schön umschreibt: "Cirqu’ verpasst der Stadt mit seiner poetischen, skurrilen, waghalsigen, lauten und fröhlichen, oft aber auch ganz subtilen und manchmal subversiven Präsenz für ein paar Tage einen ganz speziellen Zauber". Dieses Jahr wird zum Beispiel das Kollektiv "XY" im öffentlichen Raum für Aufmerksamkeit sorgen: 18 schwarzgekleidete Akrobatinnen und Akrobaten sind an fünf Tagen mitten unter den Leuten auf der Strasse, an den unterschiedlichsten Orten, und kreieren aus der Situation heraus.
Welche Vorstellungen sind für Schulklassen geeignet und wie werden diese auf die Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen abgestimmt?
Wir empfehlen ab der 3. Klasse "Man strikes back": Ein Jongleur und ein Schlagzeuger spielen mit Bällen und rampenartigen Objekten, die bei Berührung tönen – und sich plötzlich verselbstständigen. Es gibt hier keinen Text; die Geschichte ist selbsterklärend und auf unprätentiöse Weise sehr witzig.
Für die Sekundarstufe II würden wir "Dad is dead" vorschlagen: Zwei Kunstradfahrer unterhalten sich, während sie ihre artistischen Kunststücke vorführen, auf nonchalante und dadurch recht absurde Weise über Bio-Bananen, Nana Mouskuri und über das Problem des modernen Individuums. Scheinbar ganz nebenbei geht es dabei um ganz Grundsätzliches. Die beiden Artisten reden Französisch, es gibt eine deutsche Übertitelung.
Wie wird das Publikum in das Geschehen der Vorstellungen eingebunden und welche Rolle spielt Interaktion bei den Darbietungen?
Die beiden für die Schulen vorgeschlagenen Produktionen basieren nicht auf aktiver Interaktion; "XY" hingegen ist ein perfektes Beispiel für das Zusammenspiel von Publikum und Artistinnen und Artisten. Die Gruppe arbeitet als grosses Akrobatinnen- und Akrobatenkollektiv – jede und jeder muss allen anderen vertrauen; es geht darum, gestützt, getragen, aufgefangen zu werden. Und an dieser Erfahrung darf auch das Publikum teilnehmen. Zufällig vorbeigehende Passantinnen und Passanten werden in die Performance miteinbezogen; sie dürfen das Gefühl, getragen zu werden – als körperliche Erinnerung an ihre Kindheit – wieder erleben. Als ich "XY" das erste Mal gesehen habe, habe ich bei diesen Begegnungen, insbesondere auch mit älteren Menschen, sehr schöne Momente erlebt. Das Gefühl, einfach von fremden Menschen an die Hand genommen und getragen zu werden, körperlich loszulassen, sich fallen zu lassen, einfach vertrauen zu können, rührte die Involvierten nicht selten zu Tränen.
Wie kann zeitgenössischer Zirkus durch den experimentellen Einsatz von Technologien und neuen Medien weiterentwickelt werden und welche Potenziale bietet dies für die Zukunft?
Gelungene Arbeiten habe ich in dem Bereich bisher sehr wenige gesehen. Ausser natürlich das Stück "Nyloïd", das wir dieses Jahr im Programm haben! Moderne Technologien und neue Medien können sicher ein spannendes Experimentierfeld sein, aber für mich geht es in der Kunst um den Menschen; um das menschliche Wesen, das einen berühren kann, physisch und psychisch. Im Zirkus sind die Präsenz des Körpers und die physische Aktion zentral. Lässt sich dies in die Welt neuer Medien und Technologien übertragen? Oder ist nicht genau die reale physische Herausforderung oder auch die Gefahr im Zirkus dessen Qualität? Das vorher erwähnte Beispiel der körperlichen Interaktion in der Arbeit von "XY" zeigt ausserdem: Körperliche Aktionen können tiefe Erinnerungen wecken und damit Erstaunliches auslösen.