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September 2017

ELB-Strategie 2: Wertschöpfung ermöglichen und Innovation fördern

Regierungsrat Urs Hofmann, Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) erläutert in einem Interview, was die Erkenntnisse aus dem BAK-Kurzgutachten "Wirtschaft, Demographie und fiskalisches Potenzial im Kanton Aargau" für die im Entwicklungsleitbild (ELB) festgehaltene Wirtschaftsstrategie "Wertschöpfung ermöglichen und Innovation fördern" bedeutet.

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Muss die ELB-Wirtschaftsstrategie aufgrund der Erkenntnisse aus dem BAK-Kurzgutachten angepasst werden?

Regierungsrat Urs Hofmann: Nein, im Gegenteil. Die Feststellungen und Empfehlungen von BAK Basel bestätigen die bisherigen Erkenntnisse des Regierungsrats. Wichtig ist, dass wir in der Innovationsförderung den mit Hightech Aargau, dem PARK INNOVARE, dem Technopark und mit den Massnahmen der Standortförderung eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen können.

Wie sieht dieser Weg aus?

Hofmann: Wir ermöglichen kleineren und mittleren Unternehmen den Zugang zu Forschungsinstitutionen und vermitteln ihnen Know-how. Hauptaufgabe des Kantons ist es, für die Wirtschaft günstige Rahmenbedingungen zu gestalten. Wir können Impulse geben, Akzente setzen. Aber letztlich ist es Sache der Wirtschaft selbst, die sich bietenden Potenziale und Chancen zu nutzen.

In den letzten Jahren wurden vom Grossen Rat die Mittel für Wirtschafts- und Innovationsprogramme wie zum Beispiel Hightech Aargau gekürzt. Was bedeutet das?

Hofmann: Weniger Mittel bedeutet weniger Möglichkeiten im Bereich des Innovationsförderung und des Wissens- und Technologietransfers. Auch mit beschränkten Ressourcen verfolgen wir weiterhin einen pragmatischen Ansatz, der sich stark an den Bedürfnissen der ansässigen KMU orientiert. Sie stehen oft in einem internationalen Wettbewerb. Für sie ist es deshalb besonders wichtig, in der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus zu sein. Mit der Fachhochschule Nordwestschweiz und dem Paul Scherrer Institut haben wir in unserem Kanton zwei erstklassige Institutionen, die Unterstützung bieten können. Leider hat der Grosse Rat die Mittel für den Bereich der Arealentwicklung gestrichen. Es ist dem Kanton deshalb ab dem nächsten Jahre nicht mehr möglich, sich aktiv in die Entwicklung von grossen Industriegrundstücken einzubringen und damit interessante Neuansiedlungen zu erleichtern.

Sind weitere Kürzungen zu befürchten?

Hofmann: Das wäre unklug, weil es hier um Investitionen in die Zukunft geht. Gerade auch die Gesamtsicht Haushaltssanierung ist nicht nur ein Spar- oder Abbauprogramm. Entscheidend ist vielmehr, dass wir durch Reformen am richtigen Ort genügend Mittel für die Zukunftsentwicklung unseres Kantons einsetzen können.

BAK Basel weist darauf hin, dass es im Aargau weniger Unternehmen mit hohen Reingewinnen gebe als in vergleichbaren anderen Kantonen. Empfohlen wird im Zusammenhang mit der Steuervorlage 2017, Massnahmen im Fiskalbereich zu prüfen. Wie realistisch ist dies angesichts des Spar- und Sanierungsdrucks?

Hofmann: Auch hier gilt die in der ELB-Strategie festgehaltene Stossrichtung: Wir müssen versuchen, von der Steuerbelastung her für Unternehmen und insbesondere auch Jungunternehmer wettbewerbsfähig zu bleiben. Darüber hinaus gibt es aufgrund der bereits realisierten Steuerentlastungen sowie der angespannten Finanzsituation keinen grossen Handlungsspielraum. Der Regierungsrat wird sich im Rahmen der Steuervorlage 2017 mit den Optionen und Möglichkeiten im Bereich der Unternehmenssteuern befassen, in Abstimmung mit der Gesamtsicht Haushaltssanierung. Die Erfahrung anderer Kantone zeigt denn auch, dass eine Tiefsteuerpolitik zwar in kleinen Kantonen zu mehr Steuereinnahmen führen kann (Beispiel Obwalden), dass jedoch in grösseren Kantonen die Steuerausfälle durch die Ansiedlung zusätzlicher Firmen kaum aufgewogen werden können (Beispiel Luzern).

Wie wichtig ist der Faktor Steuern für die Ansiedlung neuer und die Erhaltung bestehender Unternehmen im Kanton Aargau?

Hofmann: Die Steuerbelastung ist zweifellos ein Aspekt beim Standortentscheid eines Unternehmens. Es gibt aber diverse andere Kriterien, die genauso wichtig sind. Zum Beispiel die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, die Verkehrserschliessung, die Dauer von behördlichen Bewilligungsverfahren usw. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren geben uns die Rankings von Banken oder Wirtschaftsinstituten stets sehr gute Noten. Wir müssen deshalb weiterhin alles daran setzen, unsere Qualitäten ins Schaufenster zu stellen.

Trotz guter Rankingpositionen und diverser Standortvorteile entwickelte sich die Aargauer Wirtschaft in den letzten Jahren im schweizerischen Vergleich unterdurchschnittlich. Wo liegt das Problem?

Hofmann: Dies hängt zum einen mit der nach der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren im gesamtschweizerischen Vergleich eher ungünstigen Branchenstruktur zusammen. Zum anderen traf die Frankenstärke die im Aargau zahlreichen Zulieferbetriebe und Exportfirmen besonders hart.

Wie sehen die Zukunftsaussichten für die Aargauer Wirtschaft aus?

Hofmann: Auch wenn zum Teil, je nach Branche oder Betrieb, unterschiedliche Signale zu empfangen sind, kann man doch von befriedigenden konjunkturellen Aussichten sprechen. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Perspektiven zumindest teilweise auch positiv auf die Margen- und Gewinnentwicklung der Aargauer Unternehmen auswirken werden. BAK Basel beurteilt die Entwicklungschancen für die Aargauer Industrie angesichts des bestehenden Investitionsrückstaus und der Chancen, welche die Digitalisierung gerade auch im industriellen Bereich eröffnet, als positiv.

Der Regierungsrat hat Gespräche mit den Wirtschaftsverbänden und Arbeitnehmerorganisationen angekündigt. Mit welchen Zielen?

Hofmann: Wie gesagt: BAK Basel stellt im Kurzgutachten für die mittel- und längerfristige Zukunft gute Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung im Aargau. Die Regierung will zusammen mit den Wirtschaftsverbänden und den Arbeitnehmerorganisationen mögliche Massnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in unserem Kanton prüfen und wo immer möglich umsetzen.

Wie reagierte die Wirtschaft darauf?

Hofmann: Mit der Aargauischen Industrie- und Handelskammer und dem Aargauischen Gewerbeverband fanden bereits erste Kontakte statt. Beide Verbände sind zu weiteren Gesprächen bereit. Parallel dazu werden die Ergebnisse der BAK-Studie auch mit den Arbeitnehmerverbänden erörtert.