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Juli 2017

Interview mit Regierungsrat Markus Dieth zur Strategie 1 des ELB

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Das Entwicklungsleitbild steht im Zeichen der 2017–2026 steht im Zeichen der gravierenden Finanzprobleme des Kantons. Wie geht der Regierungsrat damit um?

RR Markus Dieth: Der Regierungsrat verknüpfte erstmals das ELB 2017–2026 mit einer finanziellen Langfristperspektive. Diese zeigt auf, was passieren würde, wenn wir die Sache schlittern liessen – strukturelle Defizite von bis zu 250 Millionen Franken jährlich. Mit der Gesamtsicht Haushaltsanierung legt der Regierungsrat ein Sanierungskonzept für eine nachhaltige Sanierung der Staatsfinanzen vor. Die zehn Strategien des ELB sind darauf abgestimmt. Das heisst, dass bei den Strategien und vor allem den Stossrichtungen zur Umsetzung die Finanzierbarkeit eine entscheidende Rolle spielt.

Wie geht der Regierungsrat beim Sparen konkret vor?

Das Motto des Entwicklungsleitbilds heisst "Für die Menschen im Aargau". Der Regierungsrat will, dass die vom Kanton zu erfüllenden Aufgaben, beziehungsweise zu erbringenden Leistungen eine hohe Qualität aufweisen. Dabei muss jedoch auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmen. Hier werden wir einen Hebel ansetzen: Zum Beispiel prüfen, wie der Bildungsfranken noch effizienter eingesetzt werden kann, beispielsweise bei den sonderpädagogischen Massnahmen oder den Angeboten ausserhalb der verbindlichen Stundentafel. Ob wir gewisse Behandlungen wirklich in mehreren Spitälern anbieten müssen. Oder ob zu Randzeiten oder an Wochenenden bestimmte ÖV-Angebote effizienter ausgestaltet werden können.

Beim Sanierungskonzept des Regierungsrats gibt vor allem auch die Steuererhöhung zu reden. Warum braucht es diese?

Zum Thema Steuererhöhung. In den letzten Jahren öffnete sich zwischen Aufwand und Ertrag eine Schere, die mit jährlichen Budget- und Sparmassnahmen nicht geschlossen werden kann. Für diese negative Entwicklung gibt es verschiedene Ursachen wie zum Beispiel die im Aargau im Vergleich zu andern Kantonen eher ertrags- und wertschöpfungsschwache Wirtschafts- beziehungsweise Branchenstruktur. Zudem leiden in den letzten Jahren die im Aargau zahlreich vertretenen exportorientierten Unternehmen teilweise unter der Währungssituation. Dies führt zum Fazit: Der Kanton Aargau hat mit seinen Finanzen strukturelle Probleme. Die vom Regierungsrat letztes Jahr in Auftrag gegebene und danach veröffentlichte Studie von Professor Müller zum Aargauer Finanzhaushalt und der Kantonsvergleich von BAK Basel belegen dies. Um die strukturellen Probleme lösen beziehungsweise den Staatshaushalt nachhaltig sanieren zu können, braucht es ein ausgewogenes, mehrheitsfähiges Konzept. Bei beiden Untersuchungen gibt es Hinweise, dass der Aargau sein Steuersubstrat noch nicht ganz ausgeschöpft hat, es aber auch auf der Aufwandseite Aufgabenfelder gibt, die genauer angeschaut werden müssen. Wenn wir den Staatshaushalt auf die Dauer wirksam sanieren wollen, braucht es Massnahmen auf der Aufwand- und auf der Ertragsseite. Wieviel auf jeder Seite, das muss nun in der politischen Diskussion ausgehandelt werden.

Was sagt die Regierung zur Kritik, die einzelnen Reformen seien noch zu wenig konkret?

Der Regierungsrat stellt im Rahmen der Gesamtsicht Haushaltsanierung 15 Reformen (Module) zur Diskussion. Sie enthalten grössere und kleinere Reformvorhaben zur Stabilisierung und Reduktion des Aufwands. Diese Module werden gegenwärtig ausgearbeitet und in den Aufgaben- und Finanzplan integriert. Einige wirken schneller, andere benötigen eine längere Vorbereitungszeit und werden deshalb erst in 2 bis 3 Jahren wirksam. Entsprechend weisen die Module heute auch einen unterschiedlichen Konkretisierungsgrad auf. Wir arbeiten intensiv an allen Themen, um sie zeitgerecht umsetzen zu können. So befasst sich zum Beispiel die Task Force Gesundheitskosten auch mit rasch greifenden Kostenmassnahmen. Der Regierungsrat wird ein umfassendes Controlling betreiben, um sicherzustellen, dass die Sanierungsziele erreicht werden können.

Warum schlägt der Regierungsrat nochmals Massnahmen vor, die vom Grossen Rat oder an der Urne abgelehnt wurden?

Es gibt eine neue Ausgangslage. Der Regierungsrat legt in einer Gesamtsicht alle aus seiner Sicht möglichen und verantwortbaren Massnahmen auf den Tisch. Er ermöglicht damit auch den Parlament oder den Stimmberechtigten eine Gesamtsicht und eine Priorisierung von Massnahmen. Vielleicht hält man eine Massnahme unter der neuen Gesamtperspektive für vertretbar, die man zuvor als einzelne Sparmassnahme kategorisch abgelehnt hat. Mit der Gesamtsicht Haushaltsanierung können nun alle Massnahmen und Vorhaben auf der Aufwand- und auf der Ertragsseite in der politischen Diskussion und Entscheidungsfindung gegeneinander-der abgewogen werden.

Man muss sich bewusst sein: Wenn auf der einen Seite Abstriche gemacht werden, müssen diese anderswo ausgeglichen werden. Es wird Kompromisse brauchen. Der Regierungsrat ist für Vorschläge offen. Das Ziel der Gesamtsanierung muss aber erreicht werden.

Der Regierungsrat bringt bewusst auch bereits früher abgelehnte Massnahmen wieder auf den Tisch, damit diese in einem Gesamtzusammenhang mit Sicht auf alle Möglichkeiten und Varianten nochmals beurteilt und gewichtet werden können.