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Oktober 2023

Finanzpolitische Standortbestimmung

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Wie schätzen Sie die finanzielle Lage des Kantons Aargau ein?

Der Finanzhaushalt steht weiterhin auf einem stabilen Fundament. Trotz hoher finanzieller Belastungen in den letzten Jahren (zum Beispiel Covid-19, KSA Finanzhilfe, Ukrainekrieg) konnten wir mit einer vorausschauenden und umsichtigen Finanzpolitik zusammen mit dem Grossen Rat eine solide finanzielle Ausgangslage schaffen. Dadurch sind wir in der Lage, auch in konjunkturell schwierigen Zeiten für den Kanton Aargau strategische Vorhaben voranzutreiben und wichtige Investitionen zu tätigen.

Wieso sind Sie trotz budgetiertem Defizit 2024 zuversichtlich?

Wir konnten 2022 erneut einen sehr guten Jahresabschluss präsentieren, das ist bereits der sechste positive Abschluss in Folge. Mit den hohen Überschüssen der vergangenen Jahre haben wir rund 1,4 Milliarden Schulden abgetragen. Gleichzeitig haben wir Reserven im Umfang von 838 Millionen Franken gebildet. Mit dieser Ausgleichsreserve können wir die eingeplanten allfälligen Defizite über die ganze Planperiode 2023–2027 bei Bedarf ausgleichen. Wir sind finanzpolitisch also gut positioniert. Aber natürlich ist die Ausgleichsreserve endlich. Wir müssen deshalb an der Haushaltsdisziplin und der vorausschauenden Finanzpolitik festhalten und darauf hinarbeiten, dass wir langfristig auch ohne Ausgleichsreserve einen ausgeglichenen Finanzhaushalt erreichen. Das verlangt auch die Verfassung von uns. Der Spielraum für neue Ausgaben bleibt somit vorläufig eng. Neue Ausgaben und Vorhaben müssen konsequent im Rahmen der rollenden Planung priorisiert werden.

Welche Bedeutung hat die Ausgleichsreserve für den Finanzhaushalt?

Die Ausgleichsreserve schafft Stabilität, Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Indem wir in guten Zeiten Reserven bilden, können wir in schwierigen Zeiten davon zehren, ohne dass wir ruckartig Ausgaben senken oder die Steuern erhöhen müssen. Wir können so weiterhin die bestellten Leistungen in guter Qualität erbringen und in die Zukunft investieren und den Kanton voranbringen. Das nützt der Wirtschaft und der Bevölkerung im Aargau. Die Ausgleichsreserve ist aber begrenzt und wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, dass wir wieder Überschüsse erzielen, um die Reserven wieder anzuheben. Wir dürfen uns deshalb nicht auf die Ausgleichsreserve verlassen, sondern müssen an der Ausgabendisziplin festhalten und vorausschauend rechtzeitig die Weichen richtigstellen.

Auch die Planjahre weisen hohe Defizite auf – beunruhigt Sie das?

Nein. Dank der Ausgleichsreserve verfügen wir über ein solides Polster, sodass wir auch turbulentere Zeiten gut meistern können. Mit der Finanzpolitik, die wir seit vielen Jahren betreiben, bieten wir Verlässlichkeit und Sicherheit, die nicht nur unsere Einwohnerinnen und Einwohner brauchen, sondern auch unsere Unternehmen. Damit erfüllen wir als Regierung unseren Auftrag, für die Menschen im Kanton stabile Bedingungen zu schaffen. Unsere gute finanzielle Ausganglage hat auch die Ratingagentur Standard & Poor's bestätigt und uns im Dezember 2022 erstmals wieder das Rating AAA und damit die Höchstwertung erteilt. Trotzdem müssen wir darauf hinwirken, dass die Defizite in den Planjahren zuerst kleiner werden und dann wieder Überschüsse erzielt werden können. Dazu müssen wir die Aufgaben und Ausgaben weiterhin konsequent hinterfragen und wo nötig Prioritäten setzen.

Welche Strategie verfolgen Sie mit Ihrer Finanzpolitik?

Die Haltung der Regierung ist klar: Man will eine umsichtige und vorsichtige Finanzpolitik verfolgen. Dies bedeutet, dass wir ein Gleichgewicht von qualitativ guten Leistungen und einer moderaten Steuerbelastung der Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Unternehmen anstreben. Die Ausgestaltung im Detail erfolgt dann im politischen Diskurs im Regierungsrat, im Grossen Rat und im Volk. Mit unserer Finanzpolitik wollen wir Planungssicherheit und Berechenbarkeit erreichen.

Können Sie schon eine Prognose bezüglich Rechnungsergebnis 2023 wagen?

Für das Budget 2023 haben wir ein hohes Defizit von 298 Millionen Franken eingeplant. Das Defizit ist insbesondere aufgrund des Wegfalls der SNB-Ausschüttung tiefrot ausgefallen. Dank der sich bereits abzeichnenden Budgetunterschreitungen, aber auch dank höheren Steuererträgen, die sich gemäss ersten Hochrechnungen vor allem bei den juristischen Personen besser abzeichnen als budgetiert, gehen wir von einem deutlich tieferen Defizit aus. Dadurch brauchen wir weniger Mittel aus der Ausgleichsreserve, um das Defizit zu decken und das wiederum vergrössert unseren Handlungsspielraum für die Zukunft. Dieser Ausblick ist allerdings noch mit Vorsicht zu geniessen: Die konjunkturelle Lage ist immer noch unsicher, die Strompreise steigen wieder, der Krieg in der Ukraine dauert an, die Energiemangellage kann sich im Winter wieder verschärfen und auch der Fachkräftemangel ist und bleibt eine Herausforderung.

Was sind die grössten Herausforderungen für den Kantonshaushalt?

Es bestehen vor allem ertragsseitig grosse Planungsunsicherheiten. Dies macht die Finanzplanung sehr anspruchsvoll. Wir können quasi nur schrittweise, das heisst rollierend planen. Zudem hat sich die Finanzlage des Bundes leingetrübt und der Bund sucht nach Massnahmen, um seinen Haushalt zu entlasten. Daraus folgende Entlastungsprogramme können sich auch auf die Kantone und die Gemeinden auswirken. Es gibt verschiedene Bundesvorlagen, die finanzielle Mehrbelastungen für die Kantone bedeuten würden. Die Konjunkturaussichten sind durchzogen. Das Wirtschaftswachstum wird in diesem und im nächsten Jahr unterdurchschnittlich ausfallen. Auch die Strom- und Gas-Mangellage könnte im kommenden Winter wieder ein Thema werden.