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3.1 Unterstützungswohnsitz

3.1.4 Unterstützungswohnsitz Minderjähriger

Der Unterstützungswohnsitz minderjähriger Kinder ist in Art. 7 ZUG geregelt. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einem abgeleiteten und einem eigenen Unterstützungswohnsitz.

Abgeleiteter Unterstützungswohnsitz

Der Unterstützungswohnsitz minderjähriger Kinder wird grundsätzlich vom Unterstützungswohnsitz der Eltern abgeleitet (Art. 7 Abs. 1 ZUG). Von dieser Regel erfasst werden neben den Fällen, in denen die Eltern zusammen wohnen und die elterliche Sorge gemeinsam ausüben auch jene Sachverhalte, in denen nur ein Elternteil vorhanden ist.

Die Abhängigkeit des abgeleiteten Unterstützungswohnsitzes ist nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich zu verstehen, das heisst nicht nur der Ort, sondern auch die Dauer des Wohnsitzes leitet sich von den Inhabern der elterlichen Sorge ab.

Eigener Unterstützungswohnsitz

Art. 7 Abs. 2 und 3 ZUG definiert die Fälle, in denen ein minderjähriges Kind einen eigenen Unterstützungswohnsitz begründet.

Das minderjährige Kind hat eigenen Unterstützungswohnsitz

a) am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt.

Haben die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz, so hat das minderjährige Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt. Dabei ist der Zivilstand der Eltern sowie auch die Art der Ausübung der elterlichen Sorge, ob allein oder gemeinsam, nicht entscheidend. Das Kind hat in der Regel Anspruch auf die Zahlung eines Unterhaltsbeitrags durch den Elternteil, der nicht mit ihm zusammenwohnt.

b) am Sitz der Kindesschutzbehörde, unter deren Vormundschaft es steht.

Ist das Kind bevormundet, befindet sich sein Unterstützungswohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde, unter deren Vormundschaft es steht (Art. 7 Abs. 3 lit. a ZUG). Gemäss § 22 Abs. 1 lit. a Einführungsgesetz zum ZGB Kanton Aargau gilt als Sitz der Kindesbehörde die Gemeinde, in welcher die betroffene Person bei Errichtung der Vormundschaft ihren Wohnsitz hat.

Diese Regelung gilt nur im Fall einer eigentlichen Bevormundung. Andere Kindesschutzmassnahmen, wie zum Beispiel die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, bewirken nicht die Begründung eines Unterstützungswohnsitzes am Sitz jener Kindesschutzbehörde, welche die Massnahmen anordnet.

c) am Ort nach Art. 4 ZUG, wenn es erwerbstätig und in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt selber aufzukommen.

Das erwerbstätige minderjährige Kind, das in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt selber aufzukommen, gilt unterstützungswohnsitzrechtlich als erwachsen. Es hat seinen Unterstützungswohnsitz dort, wo es sich im Sinne von Art. 4 ZUG mit der Absicht dauernden Verbleibs aufhält.

„Für den Lebensunterhalt selber aufkommen“ kann das Kind, wenn es wirtschaftlich selbstständig und höchstens für ausserordentliche Auslagen noch auf elterliche Hilfe angewiesen ist. Nicht als erwerbstätig sind Lehrlinge und Lehrtöchter zu betrachten, auch wenn sie einen zur Not ausreichenden Lohn erhalten, da deren Tätigkeit der Ausbildung und nicht dem Erwerb dient. Auch Minderjährigen, die ein Volontariat oder ein Praktikum absolvieren, kann man keinen eigenen Wohnsitz zuerkennen, wenn sie nicht in der Lage sind, ohne zusätzliche Leistungen der Eltern für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.

d) am letzten Unterstützungswohnsitz nach den Absätzen 1 und 2, wenn es dauernd nicht bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt.

Das minderjährige Kind hat einen eigenen Unterstützungswohnsitz, wenn es dauernd nicht bei den Eltern lebt (Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG). Diese Bestimmung gilt nur für das minderjährige Kind, das unter elterlicher Sorge steht, wirtschaftlich unselbstständig ist und dauernd nicht bei den Eltern oder einem Elternteil lebt.

Voraussetzung für einen eigenen Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG ist, dass es sich um eine dauernde und nicht bloss vorübergehende Fremdplatzierung handelt. Eine dauernde Fremdplatzierung liegt nach Lehre und Rechtsprechung dann vor, wenn von den Kindesschutzbehörden eine Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts verfügt worden ist, wenn die Fremdplatzierung des Kindes auf unbestimmte Zeit erfolgt oder wenn diese ab der erstmaligen Platzierung länger als sechs Monate gedauert hat. Zudem ist der Zweck des Aufenthalts massgebend. Therapeutische und der Abklärung dienende Massnahmen sprechen gegen, Kindesschutzmassnahmen hingegen für eine dauernde Fremdplatzierung.

Als lediglich vorübergehende Fremdaufenthalte gelten Aufenthalte in auswärtigen Institutionen, die entweder nur von kurzer Dauer sind oder bei denen ein enger Kontakt zwischen Kindern und Eltern aufrechterhalten wird und die Absicht besteht, dass die Kinder nach einer bestimmten Zeit wieder zu den Eltern ziehen. Von einem lediglich vorübergehendem Fremdaufenthalt ist beispielsweise auszugehen, wenn ein minderjähriges Kind die Ferien bei Dritten verbringt, wenn es sich im Spital oder in einer Kur befindet, wenn ein Elternteil krank ist und das Kind deshalb nicht zuhause betreut werden kann (soweit es sich dabei nicht um einen dauerhaften Zustand handelt), wenn therapeutische oder der Abklärung dienende Massnahmen notwendig sind oder wenn es eine auswärtige Schul- oder Berufsbildung absolviert. Ebenfalls nur von einem vorübergehenden Fremdaufenthalt ist auszugehen, wenn das Kind ein Wocheninternat besucht und regelmässig an den Wochenenden und in den Ferien zu den Eltern zurückkehrt. Anders verhält es sich, wenn sich die Eltern, oder ein Elternteil, nicht ernstlich um das fremdplatzierte Kind kümmern beziehungsweise die elterliche Sorge „faktisch“ nicht wahrnehmen.

Erfasst werden freiwillige und behördliche Fremdplatzierungen auch ohne Entzug der elterlichen Sorge. Unterstützungswohnsitz des Kindes bleibt in diesen Fällen die Gemeinde, in der es unmittelbar vor der Fremdplatzierung gemeinsam mit den Eltern gelebt hat. Der so definierte Unterstützungswohnsitz bleibt künftig für die gesamte Dauer der Fremdplatzierung der gleiche, auch wenn die Eltern oder der sorgeberechtigte Elternteil den Wohnsitz wechseln oder das minderjährige Kind umplatziert wird. Erst eine Rückplatzierung zu den Eltern beziehungsweise zum sorgeberechtigten Elternteil beendet die Fremdplatzierung und führt bei einem zwischenzeitlichen Wegzug der Eltern vom letzten gemeinsamen Wohnort wieder zu einem neuen Unterstützungswohnsitz gemäss Art. 7 Abs. 1 ZUG.

e) an seinem Aufenthaltsort in den übrigen Fällen.

Lässt sich ein Unterstützungswohnsitz aufgrund der vorstehenden Regelungen und aufgrund von Art. 7 Abs. 1 und 2 ZUG nicht bestimmen, so hat das Kind einen eigenen Unterstützungswohnsitz an seinem Aufenthaltsort. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der nur subsidiär zur Anwendung gelangt. Damit wird sichergestellt, dass in allen Fällen ein Unterstützungswohnsitz für das minderjährige Kinde festgelegt werden kann. Am Aufenthaltsort hat ein Kind beispielweise einen Unterstützungswohnsitz, wenn der Aufenthaltsort der Inhaberin oder des Inhabers der elterlichen Sorge unbekannt ist, wenn diese/r verstorben ist oder wenn im Ausland lebende Eltern das Kind bei Verwandten in der Schweiz unterbringen.

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